Wie man leben soll: Roman

Thomas Glavinic

Taschenbuch
Ausgabe vom 1. April 2004
Verkaufsrang: 79932 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 9783423243926
ASIN: 3423243929 (Amazon-Bestellnummer)
Wie man leben soll: Roman - Thomas Glavinic
Die Ratgeberproduktion boomt. Denn eine Gebrauchsanweisung für das Leben benötigen viele, wenn sie mit ihrem Alltag unzufrieden sind. So sucht man etwa als 16-Jähriger händeringend nach einem Leitfaden, der einem hilft, alles in seinem Leben irgendwie auf die Reihe zu bringen. Und hier setzt der neue Roman Wie man leben soll von Thomas Glavinic ein.
Geschlagen mit einem Namen wie Karl "Charlie" Kolostrum ist sein Held die ideale Zielgruppe für Ratgeber aller Art, wie "Die große Geschichte der Rockmusik, psychologisch betrachtet" oder "So mache ich mir Freunde". Charlie ist nach Ratgeberdiktion ein "Sitzer". Konkret ein sehr dicker Sitzer, der immer Zweiter ist. Er hat eine Vorliebe fürs Essen, Karl-May-Romane und abenteuerliche Tagträume. Sonst interessiert ihn eigentlich nichts. Gar nichts. Außer Sex natürlich. Damit wir nun sehen, was Ratgeber so alles anrichten, dürfen wir Charlie durch sein Leben begleiten, von Mitte der 80er-Jahre bis in die Gegenwart. Zuerst also im Gymnasium, später dann während des Studiums der Kunstgeschichte, als Klinkenputzer für das Rote Kreuz, als Taxifahrer und schließlich als Sänger.
Das könnte nun eine sehr öde Geschichte sein, doch Glavinic erzählt mit einer gehörigen Portion Ironie vom Leben der "Wicki, Slime und Piper"-Generation, der er auch selbst angehört. Dann lässt er Charlie in einer Reihe von sehr grotesken Situationen auftauchen, etwa wenn seine Freundin eine Gräte verschluckt und er versucht sie mit einem Luftröhrenschnitt zu retten. Klappt natürlich nicht. Oder wie er des Nachts seine 100-jährige Tante Ernestine besucht, da er sich überzeugen möchte, ob sie noch lebt und ihr dabei so einen Schrecken einjagt, dass sie gleich verstirbt.
Verglichen zu seinem ersten Roman Kameramörder, hat Glavinic hier einen ganz anderen Ton angeschlagen, der manche verwirren dürfte. Doch zeigt der Autor damit, dass er auch mit den Methoden des Slapstick und der Groteske umgehen kann, obwohl er manchmal ein wenig zu witzig sein möchte. -Tobias Hierl