Henry, June und ich - Intimes Tagebuch.

Anaïs Nin

Buch, Broschiert
Ausgabe vom April 2000
Verkaufsrang: 148715 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 9783426032527
ASIN: 342603252X (Amazon-Bestellnummer)
Henry, June und ich - Intimes Tagebuch. - Anaïs Nin
Audiobook-Rezensionen
Keine Spezialeffekte, nur Wort und Stimme ? Franziska Pigulla liest Tagebuchaufzeichnungen von Anaïs Nin mit einem Höchstmaß an Intensität und Empathie. Ihre Stimme mit dem erotischen Timbre zelebriert die Suche nach intensivem Leben und füllt die Erinnerungen mit atemberaubender Sinnlichkeit.
Anaïs Nin war eine manische Tagebuchschreiberin; bereits seit ihrem elften Lebensjahr vertraute sie sich ihrem journal intime an. Es sind Auszüge aus den Tagebüchern von 1931/32, die Franziska Pigulla hier vorträgt. Darin geht es um die heftige Dreiecksbeziehung mit Henry Miller und seiner damaligen Frau June. Anaïs Nin, femme fatale, zu Hause in der Boheme und verheiratet mit einem vermögenden, doch langweiligen Banker, zeichnet ohne Tabus ihre sexuellen Abenteuer, Träume und Fantasien auf. Sie verfügt allerdings auch über eine außerordentliche Selbstreflexion ? die Psychoanalyse war damals ein zentrales Diskussionsthema ? und sprachliche Fähigkeiten, ihre Selbstbeobachtung und das, was sie an anderen sehr genau erkannte, auszudrücken.
Als Anaïs Nin 1931 Henry Miller kennen lernt, ist sie selbstverständlich von seinem Esprit, seinem Genie, vor allem aber auch von seiner Lebensfreude verzaubert. Kurze Zeit später reißt jedoch June, Henrys Frau, sie in ihren Bann. Ihre morbide, grausame und dämonische Erscheinung nimmt sie gefangen. Es entsteht eine intensive, leidenschaftliche Liebe, die Anaïs immer wieder reflektiert. Franziska Pigulla durchlebt mit ihrer Stimme die Verunsicherrungen, das völlige Gefangensein in der Liebe, sie lässt mit ihrem Stocken die skeptischen Momente und dann das Fest der Liebe klingen, wenn sie sich allen Überlegungen zum Trotz doch wieder June mit Haut und Haar hingibt. Als Pendant zu der hohen Selbstreflexion der Tagebuchschreiberin, beispielsweise, wenn sie ihre Bereitschaft, sich von June demütigen zu lassen, in Zusammenhang mit der traumatischen Vaterfigur bringt, entwickelt die Sprecherin ihre Stimmführung. Nicht weniger intensiv und leidenschaftlich hört man die erinnerten Stunden mit Henry Miller. Ihre sexuelle Erfüllung und sein langsames Abnabeln von June, verbunden mit ihrer gemeinsamen künstlerischen Arbeit, führen zu einer faszinierenden Affäre. Der Traum von Liebe, Freiheit und gleichzeitiger Freundschaft zählt genauso dazu wie der Glaube an die grenzenlose Fortsetzung der Ekstase. Sätze, die banal, klischeehaft, vulgär und manchmal selbst dumm sind, klingen bei der Sprecherin unheimlich erotisch, platzen vor Sinnlichkeit, Begierde und sogar Glaubwürdigkeit.
Anaïs Nins Tagebücher wurden aus Rücksicht auf ihren Mann erst 1966 veröffentlicht. Nin war ohne Zweifel eine extravagante Frau mit vielen Brüchen ? sie war mit einem Langweiler seit 1923 verheiratet, führte in den USA, wohin sie nach Ausbruch des Krieges zurückkehrte, ein Doppelleben als Ehefrau von Hugh Guiler und Rupert Pole. Ihre Beziehung mit Dr. Otto Rank, Freuds Schüler, führte dazu, dass sie später selbst Psychoanalytikerin wurde. Das größte Drama ihres Lebens scheint jedoch der Vater, ein spanischer Musiker und Komponist, gewesen zu sein. Er hatte sie und ihre Mutter wegen einer jüngeren Frau verlassen. Nach eigenen Angaben hat die Tochter das nie verwunden.
Fazit: Franziska Pigulla, gefragte Hörbuch-Sprecherin und deutsche Stimme von Demi Moore, Sharon Stone oder Gillian Anderson zeigt, dass sie auch das kann: die passende Tonlage für die unkonventionellen Protokolle der berühmt berüchtigten Schriftstellerin Anaïs Nin zu finden. Die erotische Stimme hat sie allemal!
Gekürzte Lesung, Spieldauer: ca.140 Minuten, 2 CD. Booklet mit biografischen Daten. - culture.text