Ihr werdet (noch) merken, wie schnell wir sind

Dave Eggers

Buch, Gebunden
Ausgabe vom 2003
Verkaufsrang: 638720 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 9783426195864
ASIN: 3426195860 (Amazon-Bestellnummer)
Ihr werdet (noch) merken, wie schnell wir sind - Dave Eggers
Die Idee ist genial daneben: durch die Welt jetten, "unterwegs nach armen Leuten Ausschau halten" und sie mit Geldgeschenken beglücken. Die Wohltätigkeitstour zweier junger Amerikaner gerät zum Wettlauf gegen die Uhr, zur Flucht vor der Vergangenheit und zur Reise ins Ungewisse.
In sieben Tagen wollen Will und Hand es einmal um den Globus schaffen, doch dann ist bereits Lettland Endstation. "Diese Flieger sind zu langsam", schimpft Hand einmal. Da weiß er noch nicht, dass der Weg das Ziel ist, und trauert jeder vermeintlich verlorenen Minute nach. Und manchmal auch dem Geld, das Will - dem es gehört und der es loswerden will - wegwirft, indem er zum Beispiel für elf Sekunden Taxifahren 50 Dollar bezahlt.
Klingt schräg, um nicht zu sagen krank? Nun, Will ist zu Hause in Wisconsin gerade übel zusammengeschlagen worden und beide stehen unter Schock, weil ihr Freund Jack tödlich verunglückt ist. Sind sie deshalb so gierig nach neuen Erfahrungen? Wollen sie sich beweisen, dass sie am Leben sind, und sei es durch zweifelhafte Mildtätigkeit und Mutproben? Will führt außerdem ständig stumme Gespräche mit sich selbst oder Fremden, die ihm, mehr noch als Hand, auch fremd bleiben.
Als Leser dieses Roadmovie in Buchform ist man hin- und hergerissen: grandios, wie die leicht paranoiden Provinzler durch die Gassen von Marrakesch gehetzt (oder nur gelotst?) werden; berührend, wie Will und eine Prostituierte sich näher kommen; herzzerreißend, wie Jack in der Erinnerung seiner Freunde weiterlebt. Aber weil über weite Strecken rasender Stillstand herrscht, funktioniert das Ganze als Roman nur bedingt. Zu wenig konsequent werden die zentralen Themen Tod, Zeit, Identität oder Erinnerung auch über die Handlung und den Stil transportiert.
Trotzdem gut möglich, dass eine Zielgruppe zwischen 18 und 28 sich in den rastlosen Sinnsuchern wiedererkennt und deren Furcht "vor dem grauen, tief hängenden Himmel des Erwachsenwerdens" nachempfinden kann. Und manche Sätze sind auch für alle da: "Mit wenigen Möglichkeiten geht so großer Trost einher." -Patrick Fischer