Wir haben fast alles falsch gemacht: Die letzten Tage der DDR

Frank Sieren, Günter Schabowski

Buch, Gebunden
Ausgabe vom 1. März 2009
Verkaufsrang: 29689 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 9783430300216
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Wir haben fast alles falsch gemacht: Die letzten Tage der DDR - Frank Sieren, Günter Schabowski
Zum 20. Jubiläum des Mauerfalls wird wieder einmal besonders intensiv Rückschau auf die DDR und ihr unrühmliches Ende gehalten. Schade nur, dass die noch lebenden Hauptverantwortlichen für den SED-Unrechtsstaat entweder abgetaucht sind oder immer noch die beleidigten Leberwürste spielen. Einzige Ausnahme: Günter Schabowski, der als Mann in die Geschichte eingegangen ist, der durch seine eigenmächtige Öffnung der Grenzen am 9. Novembers 1989 wahrscheinlich verhinderte, dass sich das mit dem Rücken zur Wand stehende Honecker-Regime zu Dummheiten gegen die eigene Bevölkerung hinreißen ließ.
Schabowski gilt vielen als der "Wendehals" par excellence. Während seine ehemaligen Politbüro-Genossen bis heute nichts zu bedauern haben und sich wegen ein paar Jährchen lockeren Strafvollzugs zu Opfern einer Siegerjustiz stilisierten, nahm Schabowski seine Haft wegen Mitverantwortung für die Toten an der innerdeutschen Grenze als gerechtfertigt auf sich und gibt sich seitdem geläutert. Wenn man heute einen kompetenten Diskutanten über den ehemals real existierenden Sozialismus im Allgemeinen und das DDR-Unrechtsregime im Besonderen benötigt, ist Schabowski allererste Wahl ? nicht etwa für die Rolle des Verteidigers sondern des Anklägers. Und so ist es auch in den Gesprächen mit dem ZEIT-Redakteur Frank Sieren, die in das vorliegende Buch eingeflossen sind. Mit ungeheurer Präzision und einer für einen Ex-Apparatschik erstaunlich klaren Sprache rechnet der in dialektischem Denken bestens geschulte SED-Renegat gnadenlos mit Theorie und Praxis des Sozialismus ab, vor allem aber mit sich selbst, seinen Irrtümern und Lebenslügen.
Die schon beinahe an die Schauprozesse kommunistischer Diktaturen erinnernde Selbstkritik, die Schabowski aus freien Stücken öffentlich zelebriert, könnte man als einen Akt der Selbstreinigung interpretieren. Ungemein spannend und lehrreich ist sie allemal. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass im Titel getrost ein Wörtchen gestrichen werden könnte. Arnold Abstreiter