Utopie und Entzauberung: Geschichten, Hoffnungen und Illusionen der Moderne

Claudio Magris

Buch, Gebundene Ausgabe
Ausgabe vom 21. August 2002
Verkaufsrang: 589791 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 9783446202160
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Utopie und Entzauberung: Geschichten, Hoffnungen und Illusionen der Moderne - Claudio Magris
Claudio Magris, Triestiner Essayist, Erzähler und Literaturkritiker, hat eine Sammlung seiner Essays herausgebracht. Um diesem Buch in einer Rezension gerecht zu werden, müsste die Rezension annähernd so lang sein wie das Buch. Also bleibt jede Besprechung zwangsläufig Stückwerk. Magris beschäftigt sich in seiner Essaysammlung nicht nur mit den Großen der Literatur (der Bogen spannt sich von einem lappländischen Dichter über Ninon de Lenclos bis zu Goethe, Stevenson, Thomas Mann und Borges), sondern auch mit den großen Fragen der Menschheit. Die Literatur ist dabei Dreh- und Angelpunkt seiner Betrachtungen, Gedanken, Überlegungen und Erkenntnisse.
Bewunderswert ist nicht nur sein umfassendes Wissen, sondern auch die literarische Leichtigkeit, die seine Betrachtungen trotz des intellektuellen Anspruchs zu einem Lesevergnügen werden lassen. Seine geradezu erkenntnistheoretischen Essays bleiben nicht in der reinen Literaturkritik bzw. Literaturbetrachtung stecken, sie gehen weit darüber hinaus und umfassen auch zentrale, menschlich-philosophische Themen wie Erfahrungen der Grenzen (inneren und äußeren), die Frage nach dem freien Willen (am Beispiel der Kontroverse zwischen Luther und Erasmus von Rotterdam), die Rolle des Intellektuellen in der Politik und sie werfen in "Wer schreibt die ungeschriebenen Gesetze der Götter", einem der besten Beiträge, an Hand der Antigone eine der Kernfragen der menschlichen Verantwortung und Schuld zwischen "Legitimiät und unbilliger Legalität", zwischen dem geschrieben Gesetz und dem moralischen Gebot auf.
Magris wirft so viele, exzellent formulierte Gedanken auf, die - auch wenn man sich seiner Sicht der Dinge nicht immer anschließen muss ? jeder für sich nach-denken oder gegen-denken sollte. Ein literarisches Buch über Literatur und Literaturgeschichte, immer im Konnex mit dem jeweiligen politischen und sozialpolitischen Hintergrund, ein Buch über die ewig alten, immer neuen - und daher immer modernen - Kernfragen der Menschen, ein philosophisches Buch mit intellektuellem Anspruch, das immer lesbar und lesenwert bleibt, ein Buch, das nie "die Außenseite der Realität mit der ganzen Realität verwechselt" ? kurz: Ein Buch, das man seiner Bibliothek stehen haben sollte ? zum Nachblättern, Nachdenken und immer wieder Lesen. -Lisbeth Legat