Trotzdem China: Im Rollstuhl von Shanghai nach Peking

Marcel Bergmann

Buch, Gebunden
Ausgabe vom Sept. 2008
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Trotzdem China: Im Rollstuhl von Shanghai nach Peking - Marcel Bergmann
Aus der Amazon.de-Redaktion

Wie in einer bösartigen Endlosschleife taucht er immer wieder auf, jener 26. November 1994. Die Safari hatte der Sohn ein Jahr zuvor selbst mitgemacht; sie schien gefahrlos und man hatte sie dem Vater zum 70. Geburtstag geschenkt. Was ein besonderes Ereignis hatte werden sollen, kehrt nun als erbarmungsloser Albtraum wieder und wieder: Jener Moment, an dem morgens gegen 8.15 Uhr auf einer staubigen Straße zwischen Mombasa und Nairobi die Zeit stehenblieb. Der Überlandbus war unvermittelt ausgeschert und hatte den Jeep brutal von der Straße gedrängt. Mehrfacher Überschlag. Der Vater und drei weitere Personen waren auf der Stelle tot. Nach zweimonatigem Koma erwachte Marcel Bergmann, der Sohn, in der Unfallklinik in Duisburg wieder. Querschnittsgelähmt! Darf man es so deutlich sagen? Nicht China ist hier der Hauptdarsteller. Das Riesenreich dient lediglich als exotische Kulisse für den widerborstigen Traum und die immense Trotzhaltung eines an Leib und Seele Beschädigten. Seine stärksten erzählerischen Momente hat der ZDF-Sportredakteur Bergmann ohnehin in den Rückblenden jenes schlimmen Unfalles und seiner traumatischen Spätfolgen. Die gelieferten Chinabilder hingegen gehen kaum über stereotype Sonnenuntergangsstimmungen hinaus. In Begleitung des chinesischstämmigen Malaysiers Ham, eines Mannes, dem Schillers ?Glocke? so nahe ist, wie jedes buddhistische Ritual, beginnt die Rundreise in Shanghai, das die ?Kälte einer nach Rekorden gierenden Moderne? ausstrahlt. Pflichttermin für den ZDF-Sportredakteur ist natürlich das Fußball-Endspiel der deutschen Frauen gegen Brasilien. Momente großer Melancholie und Fremdheit angesichts chinesischer Telenovelas in Hotelzimmern, die aus ?Lost in Translation? stammen könnten, werden von der einmaligen Erfahrung abgelöst, in einer Sänfte durchs Huang Shan Gebirge getragen zu werden. Politisch bleibt das ?Traumland?, das sich momentan als vorolympischer Albtraum erweist, von Bergmann gnädig verschont. Folgt man dem suggestiven Werbesound, so entsteht leicht der Eindruck, Marcel Bergmann hätte die Strecke Shanghai ? Peking in einer Art heldenhafter Selbstüberwindung allein im Rollstuhl bewältigt, wobei das Erklimmen der Chinesischen Mauer als ?innerer Mauerdurchbruch? gewertet werden durfte. Geheilt und für sendetauglich befunden. Dass ein Team der ZDF-Doku 37° ständig umherwuselte, man in den besten Hotels logierte, und die Strecke in Mietwagen und Taxis absolvierte, kann man nur im Kleingedruckten finden. Wie gesagt, erfahren haben wir über China nur soviel, was jeder ordentliche Reiseführer auch liefern könnte. Wichtiger aber: Wir durften immens viel erfahren über eine tiefe Verletzung, die nur langsam verheilen will. Die erst hat das Buch lesenswert gemacht. Trotzdem ? keep rollin`! ?Ravi Unger