Erinnerungen eines Davongekommenen.

Ralph Giordano

Buch, Broschiert
Ausgabe vom 25. Febr. 2008
Verkaufsrang: 130563 (je kleiner desto beliebter)
ASIN: 3462040030 (Amazon-Bestellnummer)
Erinnerungen eines Davongekommenen. - Ralph Giordano
Aus der Amazon.de-Redaktion

Ungläubiges Erstaunen durchdringt bereits die ersten Zeilen. Schon der neugeborene Erdenbürger konnte im März 1923 nur durch das beherzte Eingreifen der Großmutter vorm Erstickungstod bewahrt werden. Davongekommen, ein allererstes Mal. Für Ralph Giordano sollte dies zur Tragik eines fragilen Lebens werden, davon ?mehr als die Hälfte tödlich bedroht, verschattet, schmerzvoll oder in Trauer verbracht?, wie der Autor ohne eine Spur von Larmoyanz festhält. Dass einer schier endlosen Schmerzensstrecke ein solch großer Humanist, Aufklärer und Mahner entspringen sollte, zählt zu den unfassbaren Wundern, die das Schlimmste im Leben oft hervorbringt. Ein ungeheurer Glücksfall für das Nachkriegsdeutschland ? und bis auf den heutigen Tag! In seinem etwas altmodisch ziselierten, aber feinste Nuancen erfassenden Sprachduktus, rollt Giordano die Geschichte seiner deutsch-jüdisch-italienischen Musikerfamilie noch einmal auf. War der Tag der ?Machtergreifung? am 10-Jährigen noch spurlos vorbeigegangen, so kündigte der Antrittstag des Schülers am Johanneum die Fratze des kommenden Terrors unverhüllt an. Arier und Nichtarier werden getrennt. Krasses Nichtverständnis bei Ralph und seinem Bruder. Nur einer bekämpft die Anfänge dieses Wahnsinns. Studienrat Dr. Ernst Fritz wird für Giordano zum ?Initiator meiner politischen Sozialisation?. Es folgen die quälend langen Jahre der Diskriminierung und Verfolgung durch die Nazis, der Hamburger Bombennächte, schließlich das Überleben im Kellerloch dank einiger weniger aufrechter Deutscher, denen die Familie Giordano ihr nacktes Leben verdankte. Der elf Jahre währende ?stalinistische Irrtum?. Abkehr vom Kommunismus. Die chronische Krankheit. Die sogenannte ?zweite Schuld?, fußend auf Giordanos Erkenntnis, die meisten NS-Täter seien straflos davongekommen. Der Krebstod zweier Frauen. Berichterstatter der KZ-Prozesse. Fernsehkarriere. Die Bertinis, der Roman des eigenen Lebens. In Ralph Giordanos zweites Leben würden glatt drei Lebensläufe passen. Am Ende seiner randvollen Erinnerungen warnt der Mann, der die Sprache des Terrors kennt wie kein Zweiter, vor falscher Toleranz beim Dialog zwischen Christen und Muslimen. Und verspricht, Feinden und Freunden noch eine Weile erhalten zu bleiben. Was auch bitter nötig scheint, wie eine kürzlich gehaltene Trauerrede anlässlich des Todes eines NS-Marinerichters beweist. Und schon meldet sich der Davongekommene zu Wort! Gut, so jemanden zu haben! --Ravi Unger