Vielleicht ist es sogar schön

Jakob Hein

Buch, Gebunden
Ausgabe vom Aug. 2004
Verkaufsrang: 195718 (je kleiner desto beliebter)
ASIN: 3492046037 (Amazon-Bestellnummer)
Vielleicht ist es sogar schön - Jakob Hein
Der erste Schritt auf die Fahrbahn ist immer der schwerste. ?Warum traue ich mich überhaupt, über eine Straße zu gehen, den sicheren Bordstein zu verlassen??, fragt sich der Ich-Erzähler in Jakob Heins Roman Vielleicht ist es sogar schön: ?Wie kann ich auf eine Fahrbahn treten, über die mir vollkommen unbekannte Menschen in tonnenschweren Metallgehäusen hinweg schießen? Menschen mit abwesendem Gesichtsaudruck, denen ich nicht einmal für einen kurzen Moment einen Schlüssel anvertrauen würde, und doch trete ich auf die Straße und vertraue ihnen mein Leben an.?
So ist das oft in Jakob Heins faszinierendem Roman: an banalen Situationen entzünden sich Fragen, die philosophisch sind. In diesem Fall geht es kurz gesagt darum, dass man stets aufs Neue dem Leben vertraut, obwohl man weiß, dass es tödlich endet. Gerade hat der Protagonist von Vielleicht ist es sogar schön, der eine Art biografischer Doppelgänger des Autors ist, erfahren, dass seine Mutter an Krebs erkrankt ist. Während er über die Straße schreitet, hofft er, dass sie wieder gesund werden wird. Dass sie Glück haben wird wie jemand, der immer wieder aufs Neue über die Straße geht. Mit diesem Gefühl macht sich der Held daran, das Leben der Familie aufzuschreiben vom Anfang bis zu dem Punkt, von dem der Leser weiß, dass er unentrinnbar kommen wird. Dieses Wissen macht den Reiz des Buches aus.
Warum also tritt man immer wieder auf die Straße und setzt sich der Gefahr aus, überfahren zu werden? In gewisser Weise ist Vielleicht ist es sogar schön eine einzige Antwort auf diese Frage. Weil man es muss, lautet die Antwort, weil alles weitergehen muss, weil man auch in unkontrollierbaren Situationen die Kontrolle nicht verlieren darf, so grausam und gefährlich das Leben auch ist. So ist es kaum verwunderlich, dass Heins Alter Ego im Roman einen Anruf erhält, als er auf dem Friedhof ein Grabmahl für die Mutter sucht. Es ist eine Frau, die von der Frauenärztin anruft, um ihm mitzuteilen, dass sie schwanger sei. Das ist natürlich etwas kitschig. Aber kitschig ist ja das echte Leben auch. -Thomas Köster