Singvogel

Thommie Bayer

Buch, Gebunden
Ausgabe vom Dez. 2005
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Singvogel - Thommie Bayer
Jana ist ein Singvogel. Zumindest behauptet sie das von sich selbst. ?Ich plappere, heißt es im Roman des 52-jährigen Esslinger Autors Thommie Bayer. ?Dabei wollte ich doch extra kurz schreiben, um meine Freundin nicht zu nerven. Ich bin ihr so dankbar, sie leiht mir das Geld für die Reise. Aber ich bin ein Singvogel - ich muß immer plappern.?
Jana hat sich als ?Kuckucksei? in die Exkursion eines Professors nach Venedig geschlichen - und zwar deshalb, weil ihr Briefpartner , der Drehbuchautor Christian Uhlig, es ihr gegenüber als seinen sehnlichsten Wunsch deklariert hat, noch einmal in die Lage zu kommen, Venedig zum ersten Mal zu sehen. Nun sieht er Venedig, mit Janas Augen, die ihm E-Mails schreibt. Eine ganz und gar Unbekannte, die ihm vor kurzem einmal geschrieben hat, um ihm zu sagen, dass ihr sein Skript für einen Film gefiel. Aus der vermeintlichen Gelegenheitsmail entspannt sich eine Leidenschaft, die Christian, der Janas ?Vater sein könnte?, sogar nach Venedig treibt - was zu der skurrilen Situation führt, dass beide in der Lagunenstadt im selben Internet-Café sitzen und sie ihn aufgrund eines Fotos auf seiner Homepage zu erkennen glaubt (was sie ihm, quasi in Echtzeit, mailt), er sich aber nicht zu erkennen gibt. Aus der Brieffreundschaft wird Liebe. Und dann kommt doch alles ganz anders, als beide denken...
Natürlich hat auch Bayers Singvogel eine Schwäche. Das Buch hat nämlich zwei traurig-schöne Pointen, von denen man zumindest eine nicht kennen darf, weil man sich dann einen Gutteil des Lesegenusses verwehrt. Geht man aber ohne großes Vorwissen an das Buch, wird man ihm bei der zweiten Lektüre noch einmal so viel abgewinnen können. So heißt es also, sich die Ohren zu verschließen und den Singvogel alleine auf sich wirken zu lassen. Wer gedacht hatte, Bayer hätte mit Das Aquarium und Die gefährliche Frau seinen erzählerischen Zenith schon erreicht, wird mit diesem Roman eines besseren belehrt. Große, raffiniert verwobene und perspektivisch klug strukturierte Unterhaltungsliteratur mit Suchtpotential. - Stefan Kellerer