UC: Unter Zuhilfenahme eines Märchens von H. C. Andersen: Ultrachronos

Helmut Krausser

Taschenbuch
Ausgabe vom 1. September 2004
Verkaufsrang: 150231 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 9783499236952
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UC: Unter Zuhilfenahme eines Märchens von H. C. Andersen: Ultrachronos - Helmut Krausser
Helmut Kraussers Romane strotzen nur so vor Fantasie. Das war bei Fette Welt so und zuletzt bei der Schmerznovelle, um nur die beiden besten herauszugreifen. Und bei UC ist das nicht anders. Das heißt: Diesmal hat sich Krausser, was die Fantastik anbelangt, wirklich selbst übertroffen. Vielleicht hat er es sogar ein klein wenig übertrieben.
Doch der Reihe nach. Worum geht es? Ganz vordergründig um einen Mord. Zwei Dekaden sind seit dem Abitur vergangen, da wird zum Klassentreffen gebeten, und alle kommen hin. Nur eine der ehemaligen Mitschülerinnen kann nicht an der Feier teilnehmen. Sie wurde damals in der Nacht nach einer Klassenfeier ermordet. Und zwar, wie sich nun nach mehr als 20 Jahren plötzlich heraus zu kristallisieren scheint, vom Icherzähler, einem mittlerweile äußerst erfolgreichen und reich verheirateten Dirigenten. Der allerdings kann sich nicht im Geringsten an diesen Mord erinnern, dessen auf der bloßen Möglichkeit beruhende Notwendigkeit ihm erst ein Schriftsteller vor Augen führen muss, in dessen neuem Buch (dem Buch nämlich, von dem hier die Rede ist!) er eine der Hauptrollen spielen soll.
Ein Kriminalstück also ist UC nur sehr an der Oberfläche. Eigentlich nämlich geht es um allerlei, sagen wir Esoterisches: UC, das steht für Ultrachronos, für eine Wahrnehmungsdimension, in die manche Sterbende vorstoßen und in der ihnen in Sekundenbruchteilen noch einmal ihr gesamtes Leben wie in einem Film vorgeführt wird. Arndt, so der Name des Icherzählers, erlebt den Ultrachronos aber nicht erst im Moment des Sterbens. Er verfügt über ihn vielmehr gleichsam wie eine Gabe und er kann, wie sich herausstellt, zwischen den parallelen Universen des Möglichen und des Wirklichen herüber- und hinübergleiten, ohne dass man immer so genau wüsste, in welchem der beiden man sich gerade befindet.
Helmut Krausser ist einmal mehr eine intelligent verschachtelte Geschichte gelungen. Vielleicht nicht jedermanns Sache: Ein wenig arg konstruiert wirkt das Ganze hier und da schon. Aber das ist alles eine Frage des Geschmacks. Ebenso wie die mal mehr (eine schöne Idee etwa ist der Wake-up-Service des Club Desirée in Paris) mal weniger erquicklichen erotischen Passagen. Wir jedenfalls hatten unseren Spaß. -Hasso Greb