Zeitschichten

Reinhart Koselleck, Hans-Georg Gadamer

Buch, Gebunden
Ausgabe vom 10. Aug. 2006
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Zeitschichten - Reinhart Koselleck, Hans-Georg Gadamer
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Wollte man den Gegenstand der Geschichtswissenschaften auf eine abstrakte Formel bringen, müsste man wohl sagen: Die Veränderung in der Zeit. Daher sollte eine Theorie der historischen Zeiten das Kernstück der Historik bilden. Wer vom großen Anreger Reinhart Koselleck allerdings ein eigenes systematisches Grundlagenwerk erwartet hat, das all seine Themen und Ideen zu einer umfassenden Theorie der historischen Zeit bündelt, wird möglicherweise von seinem neuesten Buch enttäuscht sein. Unter dem Titel Zeitschichten versammelt es Aufsätze aus den letzten 30 Jahren. Weitere Bände zur Theorie und Praxis der Begriffsgeschichte und zur Geschichte der Wahrnehmung sind angekündigt. Jeder Versuch, Zeit sprachlich zu fassen, so Kosellecks Leitgedanke, ist auf räumliche Metaphern angewiesen. Diese dürfe man nicht mit der Wirklichkeit verwechseln, das zeige sich schon daran, dass diese keine linearen Verläufe kenne; ebenso wenig lässt sie sich auf schlicht rekonstruierbare Kausalitäten zurückführen oder gar auf finale Teleologien. Die geologische Metapher der Zeitschicht erlaube es, diese Eigenart historischer Zeiten zu erfassen, weil man mit ihr unterschiedliche Wandlungsgeschwindigkeiten thematisieren kann ohne in die einfachen Alternativen linear-progressiver beziehungsweise regressiver oder zirkulärer Zeitverläufe zu verfallen. Themen aus vorhergehenden Büchern, insbesondere Vergangene Zukunft, klingen an, werden dabei variiert und erläutert. Eine ausgearbeitete Theorie ergibt das alles nicht, jedoch ein facettenreiches Spektrum, das von hochschulpolitischen Überlegungen zur Theoriebedürftigkeit der Geschichtswissenschaften, zur Widerlegung lang gehegter Vorurteile, wie das von Deutschland als einer verspäteten Nation, bis zu philosophischen Reflexionen über Historik und Hermeneutik im Anschluss an Gadamer reicht. An diesem Reichtum erweist sich die Fruchtbarkeit der Grundbegriffe, die sich für Koselleck immer eher an ihrer heuristischen Wertigkeit erweisen sollte als an ihrer Tauglichkeit zum Baustein einer umfassenden Theorie. --Jens Kertscher