Liebe - eine Abrechnung

Laura Kipnis

Buch, Gebunden
Ausgabe vom 2004
Verkaufsrang: 184959 (je kleiner desto beliebter)
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Liebe - eine Abrechnung - Laura Kipnis
Natürlich macht es Spaß, heilige Kühe zu schlachten. In diesem Fall nicht nur dem Leser, sondern offensichtlich auch der Autorin. Zur Schlachtbank geführt wird allerdings nicht die Liebe als solche, sondern die Liebe in der bei uns vorherrschenden Variante: in einer auf Dauer angelegten, auf erotischem Begehren basierenden Zweierbeziehung. ?Ehe, eine Abrechnung? wäre demnach der treffendere Titel gewesen. Und etwas gegen die Ehe zu sagen, mag vielleicht im konservativen Amerika gewagt und damit besonders reizvoll sein, wo sie allzeit ihre ?family values? hochhalten und eine entblößte Brust im Nachmittagsprogramm einen landesweiten Skandal auslöst. Bei uns im alten Europa sieht das ein wenig anders aus, viele Bücher und Denker haben sich schon eingehend mit der Krise von Ehe und Zweierbeziehung befasst.
Originell und lesenswert macht Laura Kipnis? Generalangriff auf eine gesellschaftliche Institution deshalb vor allem ihr Stil. Mit polemischer Verve stürzt sie sich ins Gefecht: Da bleibt kein Auge trocken und es darf gelacht werden - ob nun als Single, frisch verliebt oder ehemüde - und das obwohl gleichzeitig Marx, Freud und Foucault zitiert werden. Also eine seltene Mischung aus geistreicher Intellektualität und witzsprühendem Charme.
Ob man dabei allen Argumenten der Autorin folgen kann, ist gar nicht so wichtig. Etwa wenn sie den Ehebrecher zum wagemutigen Rebellen wider das System stilisiert - genauso gut könnte man den Seitensprung als notwendiges Ventil der Zweierbeziehung bezeichnen, das dieser Lebensform erst die nötige Stabilität verleiht. Entscheidend ist vielmehr, dass Kipnis auf pointierte Art Anstöße liefert und Denkschablonen sprengt. Lösungen darf man von einer Polemik wie Liebe, eine Abrechnung freilich nicht erwarten. Dafür sind die unzähligen Beziehungsratgeber zuständig, die uns zu fähigen Beziehungsarbeitern machen wollen. Auch so ein Trugschluss, lästert Laura Kipnis, denn: ?eine lebendige Beziehung mag Arbeit erfordern, in der Liebe hilft aber leider alles nichts: Liebesmüh ist immer vergeblich. Schon wenn man anfängt, sich Mühe zu geben, ist die Sache gelaufen.? -Christian Stahl