Vergessene Haushaltstechniken

John Seymour

Buch, Gebunden
Ausgabe vom 2010
Verkaufsrang: 17715 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 9783783161496
ASIN: 3783161495 (Amazon-Bestellnummer)
Vergessene Haushaltstechniken - John Seymour
1867 veröffentlichten die US-amerikanischen Schriftsteller Becher und Stowe unter dem schönen Titel The American Women's Home ein Buch, das zum Ruhme haushaltstechnischer Fertigkeiten und ihrer profunden Kennerin, der Hausfrau, geschrieben wurde. Erklärtes Ziel der beiden Autoren war, "das Ansehen all der schwierigen Tätigkeiten zu heben, die für ein schöneres Familienleben ausgeübt werden, und damit zu erreichen, dass sie den angesehensten männlichen Berufen gleich geachtet werden".
In dieser Tradition bewegt sich auch John Seymor, der in seiner Anthologie vergessener Haushaltstechniken das universale, heute nahezu verloren gegangene Genie der Hausfrau vergangener (vor allem viktorianischer) Zeiten heraufbeschwört. Und er übt konservative Kulturkritik in einer Sprache, die schon dem Freiherrn von Knigge gut zu Gesicht gestanden hat: "Heutzutage gibt es ja alle möglichen Fertiggerichte, die kaum noch Zubereitung erfordern", schreibt Seymour voller Mitleid, "Bedauernswert erscheinen mir die armen Menschen, die sich lediglich noch mit der Flimmerkiste trösten können. Aber es gibt auch noch gemütliche Haushalte und Gott sei Dank echte Hausfrauen. Sie zu loben wurde dieses Buch geschrieben".
Ansonsten weist Seymour kundig ein in die altbewährte und heutzutage verschüttete Kunst der Haushaltsführung. Er beschreibt die artifiziellen Fertigkeiten des Kochens am offenen Feuer und der Bierbrauerei, der Milcherzeugung sowie ?verarbeitung oder des Waschens mit Seifen und Laugen, illustriert Spinnen und Weben oder den alltäglichen Kampf mit dem Ungeziefer, sodass man wirklich oft sehr verblüfft ist über das, was die historische Hausfrau am Tag so zu bewältigen hatte. Und er führt allerlei antiquierte Utensilien wie Bettpfannen, Eiserzeuger oder Sturzbutterfässer ins Feld, die manchen Leser entgegen der Absicht des Autors vielleicht auch etwas froh werden lassen, dass heute alles sehr viel leichter geht. Natürlich sind nicht alle der angeführten Techniken und Instrumente tatsächlich vergessen (an die hölzerne Wäscheklammer oder die Axt wird sich mancher sicher noch erinnern), aber selbst die sind natürlich durch die fortschreitende Technik vom Aussterben bedroht.
"Reden wir über unsere Zivilisation", schreibt Seymour, "dann denken wir meist an Menschen wie Michelangelo, Shakespeare, Beethoven oder Einstein. Wir alle lobpreisen sie, die so viel zur Bereicherung unseres Lebens beigetragen haben. Aber was wären sie wohl gewesen ohne den Ausgleich eines gemütlichen Heims?" Es sei einmal dahingestellt, inwieweit Genie und Häuslichkeit immer so unbedingt einhergegangen sind (und inwieweit etwa Shakespeare zum Verfassen seiner blutigen Königsdramen tatsächlich ein gemütliches Heim gehabt haben muss): Von manch abstruser sprachlicher Formulierung abgesehen nämlich ist Seymours Band ein volkskundlich überaus interessantes Kompendium zur Archäologie der Alltagskultur geworden. -Thomas Köster