Blaubarts Handy

Katrin Kremmler

Buch, Taschenbuch
Ausgabe vom Okt. 2001
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Blaubarts Handy - Katrin Kremmler
Aus der Amazon.de-Redaktion

Blaubarts Handy aus der Reihe der Ariadne Krimis überrascht. Es fehlt der Mord, es fehlt die Leiche. Beides gibt es erst zum Schluss. Stattdessen erwartet den Leser eine Mischung aus Budapester Stadtgeschichte, wissenschaftlicher Arbeit, Szenenkunde, spitzzüngigen Kommentaren zur Welt der Lesben und Schwulen, wohl dosiertem Humor bei einer Telefonhotline und -- im letzten Drittel des Textes -- endlich auch ein Mord. Doch der ist mittlerweile eigentlich unwichtig geworden. Gabriella Müller, Heldin des Romans, ist aus Deutschland nach Ungarn, in das Land ihrer Großeltern gezogen. Sie arbeitet im modernen Ungarn als gut bezahlte Assistentin der Geschäftsführerin einer aufstrebenden Mobilfunkfirma. Alles andere, was ihr Leben bestimmt, ist das genaue Gegenteil: Plattenbauten, Kleinkriminelle und Antihelden des Lebens. Ehrenamtlich arbeitet Gabriella bei einer Telefonhotline für Schwule und Lesben. Die ersten Seiten von Blaubarts Handy sind gewöhnungsbedürftig. Der Text wechselt zwischen Tagebucheinträgen (in normaler Schrift), Auszügen aus einer Magisterarbeit zur Nutzung von Mobiltelefonen durch Lesben (in klassischer Schreibmaschinenschrift), Hintergrundinformationen (in kursivem Satz) und eingerückten Passagen mit in sich geschlossener Kurzprosa. Hinzukommen Fotos aus Budapest, die in der Erzählung beschriebene Szenen ergänzen, sowie ein hübscher, handgezeichneter Stadtplan, der die Schauplätze der Geschichte zeigt. In der Legende von Blaubart sieht und hört eine Frau Dinge, die ihr eigentlich verborgen bleiben sollten. In moderner Adaption wird Gabriella Müller in Blaubarts Handy über ein Mobiltelefon bei der Telefonhotline Zeugin eines Mordes. Das Handy wird so zur eigentlichen Hauptfigur des Romans. Die Auszüge aus einer wissenschaftlichen Arbeit, die den Text stets unterbrechen, analysieren mit erschütternder Genauigkeit, wie sich das Handy zum stillen Lebensbegleiter fast aller Schwulen und Lesben entwickelt hat. Das Raffinierte des Romans ist seine innere Verflechtung. Langsam und amüsant fügt sich alles zu einem Bild, das einen besseren Eindruck vom Leben im heutigen Ungarn gibt als jeder Stadtführer. Katrin Kremmler schreibt offen, ehrlich, ohne Schnörkel und intelligent! --Martin Kilgus