Mythos Bayern

Robert Roßmann

Buch, Gebunden
Ausgabe vom 2. Juni 2003
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Mythos Bayern - Robert Roßmann
Bayern ist Deutschlands beliebtestes Urlaubsland, Bairisch der beliebteste Dialekt – und für Amerikaner und Japaner besteht Deutschland sowieso nur aus einem Bundesland: Bayern. Einem Zoo samt haferlbeschuhten, immer brünftig-griabigen, jodelnden, wuid umananda bieselnden Naturvolk. Ein Klischee, das Aventinus vor 500 Jahren begründete („der baier trinkt ser, macht vil kinder“) – und an dem sich seither nicht viel geändert hat: Bayern, das ist Oktoberfest, König Ludwig, Tracht, Berge, Volksmusik, Uschi Glas, CSU, Bier, Beckenbauer und die katholische Kirche. Der Bayer ist auf Rügen, die Schwedinnen in Oberbayern, das Amtsgericht königlich-bayerisch und der Himmel weiß-blau. Über die Jahrhunderte ist ein Mythos entstanden, in dem Schwaben und Oberpfälzer keine Rolle spielen – von den Franken ganz zu schweigen. Der Mythos Bayern sei bereits so unzerstörbar wie der Mythos des klassischen Athen, schwelgt Peter Gauweiler. Es könne zwar sein, dass die Bayern in 50 Jahren das gleiche Schicksal erlitten wie die Indianer. Aber der Mythos werde bleiben. Na ja. Richtig ist zumindest, dass es weder der preußisch-fleißige Mineralwasser-Trinker Stoiber noch der Laptop in der Lederhose geschafft haben, dem Mythos Kratzer zuzufügen. Doch wie ist der Mythos entstanden? Wie kam es zu den Klischees?
Herbert Riehl-Heyse, Hermann Unterstöger, Evelyn Roll und zehn weitere SZ-Autoren haben sich auf die Suche nach den Ursprüngen gemacht. Sie beschreiben, wie der Lehrer Josef Vogel 1883 die Lederhose vor dem Aussterben rettete, wie „Der Pfarrer vom Kirchfeld“ 1913 die Heimatfilm-Tradition begründete oder wie der Massentourismus am Pfingstsonntag 1933 mit einem Sonderzug von Berlin nach Ruhpolding begann. Sie erklären die Rolle der Klöster, die Bedeutung der Heimatpfleger, den Einfluss der Landschaftsmaler und zeigen, wie in der Akademie der Wissenschaften das „bairische Wörterbuch“ entsteht („A –Bazi“ ist gerade erschienen). Sie besuchen den Hugl-Sepp, auf dessen Hof seit 1448 musiziert wird – und streifen durch Flintsbach, dessen Bürger seit 1675 Bauerntheater spielen. Und sie beschreiben die Sehnsucht der Amerikaner („The Original Auerhahn Schuhplattlers of Miami“) nach diesem Land vor den Bergen. Ein Land, das die bayerische Prinzessin Elisabeth nach ihrer Heirat mit Preußens Kronprinz Friedrich Wilhelm auf 7000 Aquarelle bannen ließ, um das Heimweh ertragen zu können. Dabei ist eine facettenreiche Beschreibung des Freistaats und seiner Bewohner entstanden. Eine Beschreibung, so widersprüchlich wie die Staatskanzlei: innen Zirbelstube mit Weißbier-Kühlschrank – außen bürokratische Laptop-Architektur.