| ||||||||||
Technisch perfektes Klavierspiel, das sich mühelos zu den einsamen Höhen entfesselter Virtuosität aufzuschwingen vermag, gehört zu den beglückendsten Erlebnissen, die einem Musikhörer widerfahren können. Der negative Beigeschmack, den solche Fingerfertigkeit in den Augen von Skeptikern und Asketen hat, stört den Genuss im Augenblick des Erklingens meist nicht - und außerdem gehören zu den Protagonisten solcher Virtuosität nicht etwa lediglich musikalische Hohlköpfe (die es zweifellos auch gab und gibt), sondern vor allem Frédéric Chopin, Franz Liszt, Sergej Rachmaninoff, um nur einige bekannte unter vielen unbekannten Namen zu erwähnen. Der kanadische Pianist Marc-André Hamelin ist mit einer grenzenlose Möglichkeiten eröffnenden Klaviertechnik begabt. Ihn, der diese Begabung bescheiden in den Dienst vergessener Musik stellt und auf Bewunderung leicht ärgerlich reagiert, interessieren vor allem die vielen heute unbekannten Namen unter den Virtuosen-Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts. Einer von ihnen ist Georgy Catoire (1861-1926), Russe französischer Abstammung, Schüler des Lisztschülers Karl Klindworth und später, am Moskauer Konservatorium Komposition unterrichtend, Lehrer von Dmitri Kabalewski. Hinter seinen gefälligen Stücken, die aufgrund ihrer transzendenten technischen Probleme einen Hamelin brauchen, um zur Geltung zu kommen, verbergen sich stilistische Elemente Skriabins, Debussys oder Rachmaninoffs, die er wie in einem Brennglas in seine eigene Tonsprache zu integrieren vermochte. Das Ergebnis ist keinesfalls Eklektizismus, denn unter seiner reizvollen Melodiebildung formieren sich Zeitgenössisches rezipierende und auch wegweisende harmonische und rhythmische Besonderheiten, die in seinen Händen zu wahrhaft begeisternder Musik werden. Hamelin vermittelt durch sein intelligentes, durchsichtiges und farbenreiches Spiel diese Musik in der einzigartigen Weise, die ihn unter den Pianisten unserer Zeit hervorhebt. Auf die Klarheit und gleichzeitige klangliche Dichte seines Klavierspiels angesprochen, antwortete er in einem Interview, dass er sie durch konsequentes Denken der Musik erreiche, indem er jede horizontale Linie einzeln verfolgt und sie gleichzeitig in vertikale Geschehen einordnet. Macht bestimmt jeder Pianist so, mag man meinen - aber bei Hamelin klingt's einfach besser. -Michael Wersin |
Weitere Infos oder Bestellen bei Amazon