Puccini, Giacomo - La Bohème [VHS]

Video, Videokassette
Ausgabe vom 1. Februar 1993
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EAN/ISBN: 4010946228020
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Puccini, Giacomo - La Bohème [VHS] -
Die Geschichte von Puccinis La Bohème ist so schlicht wie sentimental: Scheue, redliche aber todkranke Blumenstickerin liebt im kalten Winter von Paris um 1830 einen launigen bitterarmen Poeten, der sein Dasein mit Liebeleien fristet und sich nicht ganz entscheiden kann. Doch das, was der Regisseur Franco Zefirelli und Herbert von Karajan 1965 in Mailand aus der tragischen Liebesgeschichte von Mimi und Rodolfo machen, ist ergreifendes Opernkino. Zefirelli nutzt alle Möglichkeiten, die ihm das Medium Film bietet; all die Erfahrungen, die er einst als Assistent so bedeutender Regisseure wie Visconti, de Sica und Rossellini sammelte, kommen ihm hier zugute. Dabei hält er sich streng an die Partitur. Seine Bilder vermeiden Klischees und begeistern durch visuelle Eindringlichkeit und psychologische Feinfühligkeit. Und so zeichnet er das Bohemienleben im Pariser Quartier Latin nicht als ein verführerisches Dasein vom freien Hier und Heute. Es die nackte Not, die existentiellen Ängste seiner Figuren, die ihn interessieren.
Etwa im dritten Bild, als die verzweifelte Mimi an einem trüben Wintermorgen den Maler Marcello aufsucht und ihm anvertraut, dass Rodolfo sie verlassen habe. Der Kritiker Claudio Sartori beschrieb die Szene, die quasi das Symbol für die Trostlosigkeit von Mimis Situation ist, mit den Worten: "Die Bühne zeigt nur eine breite Allee, einsam im Zwielicht der Morgendämmerung, das der stetig fallende noch trüber erscheinen lässt. Der Gasthof und die anderen Häuser sind kaum zu erkennen, alles versinkt in Nebelschleiern. Die Zöllner, die Milchverkäuferinnen und andere Nebenfiguren halten sich im Hintergrund, auch sie nur Schatten, ihre Stimmen gedämpft".
Das Ganze geht natürlich nur mit guten Sänger-Darstellern. Karajan/Zefirelli bewiesen dabei eine glückliche Hand, besonders mit Mirella Freni. Mit ihren ausdrucksvollen großen Augen und ihren zarten Bewegungen nimmt man ihr sofort ein schwindsüchtiges, dem Tode geweihtes junges Mädchen ab. In ihre Stimme und ihren Gesichtsausdruck legt sie all ihre traurige Zärtlichkeit und ihre Leidensfähigkeit, die gekoppelt ist mit einer aus der Glut der Liebe stark aufkeimenden Hoffnung. Vor allem betören ihr zartes Hinübergleiten von einem Ton zum anderen und ihre im Pianissimo ausgehauchten Melodielinien. Jeder Belcanto-Fan gerät hier in Ekstase, besonders dann, wenn Mimi und Rodolfo (Gianni Raimondi) das hohe C gegen Ende des ersten Aufzuges anstimmen. Und da ist noch die suggestive Schluss- und Sterbeszene, bei der kein Taschentuch trocken bleibt. Das fulminante Klangbild dazu liefern der Chor und das Orchester der Mailänder Scala unter der Leitung von Herbert von Karajan. Kurzum: Eine Bohème, die bis in die kleinsten Nebenrollen glänzend besetzt ist: eine Sternstunde der Opernverfilmung! -Teresa Pieschacón Raphael