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Die Unterbrechung der hochdramatischen Handlung eines ernsthaften, gewöhnlich auf antiken Stoffen basierenden Theaterstücks durch Szenen leichterer, nicht unbedingt weniger kunstvoller Machart war seit jeher eine Spezialität von Autoren und ein Bedürfnis des Publikums. Auch im Spanien des 16. Jahrhunderts gab es eine Tradition solcher Intermedien. Sie waren Einfallstor volkstümlicher musikalischer Formen und satirischer Texte voller Anspielungen auf politische Themen oder theologische Inhalte. Einen Höhepunkt erreicht diese Gattung in den Ensaladas des katalanischen Hofmusikers Mateo Flecha (ca. 1481-1553), der auf kleinstem Raum ein ungeheuer temporeiches Geschehen mit reichhaltigen musikalischen Mitteln zu entfalten vermochte. Drei dieser Ensaladas von Flecha, die längste dauert gerade einmal zwölf Minuten, bilden den Rahmen des bunten, aus Villancicos, Messsätzen, Romanzen und Quodlibets bestehenden Programms der neuesten King's-Singers-Veröffentlichung. La bomba beispielsweise spielt auf einem sinkenden Schiff. Zunächst wird der Hörer Zeuge eines chaotischen Durcheinanders verzweifelter Ausrufe und Anweisungen der Seeleute, die in Gebete und Gelöbnisse für den Fall der Rettung münden. Herzzerreißend ist die Klage eines verzagten Matrosen, der sich dem sicheren Tod ausgeliefert sieht, weil er nicht schwimmen kann. Glücklicherweise schlägt das Wetter um und ein rettendes Schiff naht, das die vom Tode bedrohten Seeleute aufnimmt. Solcherart vor dem Ertrinken gerettet, wollen die Matrosen sogleich Loblieder beginnen, aber die Gitarre des Gil Pizarra, mit der er den Gesang begleiten will, ist verstimmt und kann erst nach mehreren Anläufen wieder in Ordnung gebracht werden. Äußerst abwechslungsreich ist die musikalische Gestaltung der Szenerie, sie reicht von einer eindrucksvollen vokalen Imitation des verstimmten Saiteninstruments (in einer anderen Ensalada wird der Klang eines Dudelsacks perfekt getroffen) über ausgelassene, von Gitarre und Trommel begleitete Tanzlieder bis hin zu wunderschönen Abschnitten in kirchenmusikalischer Satzweise. Die King's Singers treffen vollkommen den Charakter der Stücke und der Spaß, den sie beim Einspielen des Repertoires gehabt haben müssen, ist allgegenwärtig und deutlich vernehmbar. Begleitet werden sie von The Harp Consort unter Leitung von Andrew Lawrence-King auf unterschiedlichsten Saiteninstrumenten. Zu einem umfassenden Verständnis der zahllosen Allusionen in den Stücken, getragen von musikalischen und verbalen Zitaten, wäre eine detaillierte Kenntnis der Zeitgeschichte erforderlich. In dieser Hinsicht ist der ausführliche Booklettext von Andrew Lawrence-King sehr hilfreich: Er erklärt Manches und bringt den an weiteren Einzelheiten interessierten Hörer auf die richtige Fährte. Darüber hinaus jedoch ist die CD auch rein musikalisch ein absoluter Leckerbissen. -Michael Wersin |
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