Wunderbar, dabei zu sein

Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys

Musik-CD, Audio CD
Ausgabe vom 3. September 2001
Verkaufsrang: 31297 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 4015698989625
ASIN: B00005NTW9 (Amazon-Bestellnummer)
Wunderbar, dabei zu sein - Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys
"Wir sehen besser aus, als wir spielen", sagt Ulrich Tukur von sich und seinen Rhythmus Boys, mit denen er nun sein zweites Album Wunderbar, dabei zu sein eingespielt hat - eine Aussage, der man nur allzu gerne widersprechen möchte, wenn man sich die vier Herren auf der CD-Hülle anschaut.
Dieser Eindruck verfestigt sich erst recht nach den ersten Takten Musik, die einen direkt in den alten, mittlerweile abgerissenen Flora-Tanzpalast entführt, jenes schummrige Etablissement in Hamburg, dem Ulrich Tukur gleich das erste Stück auf der CD gewidmet hat. In "Tanzpalast" besingt er den schon leeren, dem Untergang geweihten Raum, in dem die Erinnerungen noch ein sonderbares Eigenleben führen. Spätestens jetzt beginnt man leise zu ahnen, dass Tukur und seine Rhythmus Boys eben nicht nur die älteste Boygroup der Welt sind, sondern eine Combo, die dem Weltschmerz mit Faxenmachen den Garaus zu machen gedenkt, und zwar mit großem handwerklichem Geschick an Gitarre, Klavier, Kontrabass, Schlagzeug und Stimmbändern.
"Melancholie mit Schmiss und Pepp und Leichtigkeit bis zum Überfluss", charakterisiert Tukur selbst sein beschwingtes Spiel aus Noten und Worten. Dazwischen blitzt zuweilen der Optimismus des Wirtschaftswunders in den Nachkriegsjahren auf, aber auch das Irrlicht der Sehnsucht nach einer Idylle zu zweit, in einer Zeit, als Deutschland die ganze Welt blindwütig in ein Inferno stürzte. "Wie war es nur möglich, dass in der Nacht der Katastrophe solche Blumen blühten?", fragt Tukur in seinem Kommentar zu dem Chanson "Mit Der Letzten Straßenbahn", das Ilse Werner noch im Jahre 1944 sang. Mit seinen knappen, oft lakonischen Anmerkungen im Booklet zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Stücke, regt er zum Nachdenken an und leistet Ersatz zu den Moderationen seiner Liveauftritte.
Obwohl das Album Wunderbar, dabei zu sein zunächst einmal recht harmlos daherzukommen scheint, ist es in keinem Augenblick oberflächlich. Die Auswahl der Stücke vermittelt eine Ahnung vom Amüsement der Generation unserer Eltern und Großeltern, in der noch ganz selbstverständlich die hohe Schule des Gesellschaftstanzes gepflegt wurde. Deshalb stehen hinter sämtlichen Titeln die Bezeichnungen der Tänze, wie "Rumba", "Comedy-Fox" oder "Carioca".
Für alle Liebhaber nostalgischer Schlagerkultur ist diese CD ausgesprochen hörenswert. Ein ganz besonderes Lob verdient das kleine aber feine Booklet, vermittelt es doch beim Aufklappen genau jene genüssliche Vorfreude auf ein sinnenfreudiges Hörerlebnis, wie seinerzeit beim Auflegen einer der ersten Philips-Schallplatten in Stereo in den eigenen vier Wänden. -Andreas Schultz