Ricercar

the Hilliard Ensemble

Musik-CD, Audio CD
Ausgabe vom 31. März 2003
Verkaufsrang: 15422 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 0002894619122
ASIN: B00008HCEY (Amazon-Bestellnummer)
Ricercar - the Hilliard Ensemble
Nicht nur vorbildliche, kompetente Interpretation kann herausragende Werke des klassischen Repertoires zum einzigartigen Abenteuer für den Hörer machen, sondern auch die geschickte Zusammenstellung eines auf den ersten Blick sehr konträren Programms: eine frühe Kantate Johann Sebastian Bachs, bestimmt für den barocken lutherischen Gottesdienst und mit Sicherheit nicht als "Kunstwerk", sondern als Gebrauchsmusik geschaffen; Musik für Streichquartett von Anton Webern, dem vielleicht tiefgründigsten und sensibelsten Mitglied der Neuen Wiener Schule, komponiert im Bewusstseins des Anbruchs einer neuen, nicht zwangsläufig einer besseren Zeit. Das auffälligste Bindeglied zwischen beiden: Weberns Instrumentierung der "Fuga a 6 voci" aus dem Musikalischen Opfer, mit ihrem analytischen Ansatz des klangfarblichen Verdeutlichens der kompositorischen Struktur ein Wunder an nachschöpferischer Genialität; mit ihr beginnt und endet das Programm dieser CD.
Die nächste "innere Schicht" bilden Weberns einsätziges, erst posthum aufgeführtes Streichquartett von 1905 und seine "Fünf Sätze für Streichquartett op. 5" von 1909, beide gekonnt orchestriert von Christoph Poppen. Sie umschließen das Zentrum des Programms, Bachs Choral-Kantate "Christ lag in Todebanden BWV 4". Letztere wird in solistischer Sängerbesetzung vom Hilliard Ensemble vorgetragen, den Sopran übernimmt Monika Mauch. Ihre Interpretation erreicht jene tiefgründige Verbundenheit von Musik und Textgehalt, deren Aufscheinen die existenzielle Dimension eines solchen Meisterwerks erleben lässt und es damit allen zeittypisch barocken Komponenten zum Trotz der Vergänglichkeit enthebt.
Nach Art der historischen Aufführungspraxis begleiten Instrumentalisten des Münchener Kammerorchesters die vier Sänger ebenfalls solistisch, wobei sie hinsichtlich Artikulation und Dynamik nicht immer ganz den heute als authentisch vertrauten Tonfall treffen. Für solche kleinen Einschränkungen entschädigt allerdings die höchst inspirierte, unmittelbar ansprechende Darbietung der Musik Weberns: Faszinierend, was Christoph Poppen aus dem Münchener Kammerorchester gemacht hat! -Michael Wersin