Heavy

Jochen Distelmeyer

Musik-CD, Audio CD
Ausgabe vom 25. September 2009
Verkaufsrang: 7879 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 0886973588529
ASIN: B002JE2MYC (Amazon-Bestellnummer)
Heavy - Jochen Distelmeyer
Distelmeyer,Jochen - Heavy

Ein Album mit einem Prolog zu beginnen, so etwas erlauben sich in Deutschland auch nur Blixa Bargeld und Jochen Distelmeyer. Geht das jetzt wieder los mit Diskurs-Pop, Texten für akademische Exegesen, Stoff für die Lagerkämpfe von Fans und Feinden? Nein, das Solo-Debüt Heavy des ehemaligen Sängers der 2007 friedlich aufgelösten Blumfeld schafft es, Kritiker zu besänftigen. Es war nicht leicht, die Hamburger Band bis in deren Demission zu folgen, gerade die letzten Werke Jenseits von Jedem und Verbotene Früchte machten Anhänger der ersten Stunde immer ratloser. Heavy dagegen macht es einem leicht, den von Spex bis Feuilletons hofierten, messianisch gehuldigten, regelmäßig aufs Cover gehobene und merkwürdig selten sezierten Pop-Lyriker wieder ins Herz zu schließen. Das Soloalbum verdeutlich, wie sehr Blumfeld einen Endpunkt erreichten, nicht von ungefähr ist mit dem Lars Precht nur ein altes Blumfeld-Mitglied in Jochens neuer Band wieder zu finden ? und der Bassist stieß er 2005 zur Hamburger Gruppe. Am Schlagzeug sitzt nun Benni Thiel (Schrottgrenze), Henning Watkinson (Jeans Team) spielt Gitarre und Daniel Florey bedient die Keyboards. Distelmeyer hat eine gute Gruppe zusammen gestellt, selten, nein nie verfügten die Songs von ihm über so viel Druck und, um es profan auszudrücken, Wumms. Ein Song wie "Hass" mit seiner Stoner-Rock-Attitüde wäre Blumfeld wohl kaum noch gelungen. Seinem Ruf als außergewöhnlicher Textschreiber wird er erneut gerecht, die Geschichten stehen im Leben, und manchmal trauen sie sich auch wie in der Ballade "Jenfeld Mädchen (Jenfeld ist ein Hamburger Stadtteil mit Problemgebieten) auf die banale Seite. Das abschließende Lied "Murmel" erinnert mit seiner Aneinanderreihung von Rufnamen ein wenig an "Spiel ohne Grenzen" von Peter Gabriel. Zwischen dem Epilog und Finale - die eher schwächeren Momente auf Heavy - liegen satte Rock-Nummern wie "Er", hüpfender Pop ("Lass uns Liebe sein"), fast schon Go-Between?sche Lässigkeit wie in "Bleiben oder Gehen" und ruppiger Kantigkeit ("Hinter der Musik"). Angenehm auch, wie Jochen Distelmeyer sich ein paar Phrasen genehmigt und einen intellektuell fordert, durch Verklausulierungen und Kodierungen aber nicht überfordernd. - Sven Niechziol