Lehrerzimmer: Roman

Markus Orths

Taschenbuch
Ausgabe vom 1. November 2004
Verkaufsrang: 5568 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 9783423132695
ASIN: 3423132698 (Amazon-Bestellnummer)
Lehrerzimmer: Roman - Markus Orths
Literatur über Lust und Leid des Schülerdaseins hat eine lange Tradition, von Hermann Hesses Unterm Rad bis Crazy von Benjamin Lebert. Markus Orths wirft nach seinem viel beachteten Romandebüt Corpus zur Abwechslung mal einen Blick hinter die Lehrerzimmer-Türen.
Studienassessor Kranich tritt seine erste Stelle in der schwäbischen Provinz an und gerät in eine Bildungsanstalt, die Kafka und Orwell ersonnen haben könnten. Weil der Junglehrer beim Chef, Direktor Höllinger, sogleich einige Minuspunkte verbucht ("Alkoholexzesse, falscher Wohnort, Vornotenignoranz"), versucht er als dessen GSB ("Geheimer Sicherheitsbeamter") Boden gutzumachen und unbotmäßige oder bloß schlampige Kollegen, die ihren Schlüsselbund liegen lassen, ans Messer zu liefern. Gleichzeitig sympathisiert er mit der KG, den rebellischen Elementen unter den Kollegen, trifft sich mit ihnen im Hinterzimmer einer Stuttgarter Gaststätte und bekommt auf der Lehrer-Toilette gut gemeinte Warnungen zugeflüstert. Das Ganze ist - natürlich! - als Parodie gedacht: James Bond meets Schulbürokratie. Auf diesem Grat balanciert der ehemalige Lehrer Orths in einigen Szenen recht gekonnt ("nieder mit dem Maulwurf!"), insgesamt jedoch stürzt er böse ab.
Statt auf die realsatirische Wirkung der Schulszenerie zu setzen, dreht er fieberhaft an der Absurditätsschraube: Da geilen sich dauerfrustrierte Studienrätinnen an ihrem prallen Wissensschatz auf ("Weiter, Kranich, machen Sie weiter, hören Sie nicht auf."), wird besagter Maulwurf nach erfolglosen Verhören bei zugezogenen Vorhängen kurzerhand per Los ermittelt oder stürmen als Frösche verkleidete Schergen der "Klett-Diktatur" eine Fachkonferenz. Richtig getimte Slapstick- und Screwball-Einlagen bleiben die Ausnahme, es dominiert die umständliche indirekte Rede, die das Bürokratendeutsch mehr imitiert als persifliert. Nicht einmal die Schüler tragen zur Belebung bei, denn sie schaffen es auch hier wieder einmal nicht bis ins Lehrerzimmer.
Der Roman trägt Züge einer Abrechnung aus persönlicher Betroffenheit - und insofern wird er sein Publikum unter Ex- und Noch-Lehrern wohl finden. Wer nicht zu den Insidern gehört, wird bei der Lektüre weder wirklich schlauer noch besonders gut unterhalten. Schade! -Patrick Fischer