Open: Das Selbstporträt

Andre Agassi

Buch, Gebunden
Ausgabe vom 10. November 2009
Verkaufsrang: 3398 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 9783426274910
ASIN: 3426274914 (Amazon-Bestellnummer)
Open: Das Selbstporträt - Andre Agassi
Der Buchtitel spielt mit seiner Doppeldeutigkeit. Einerseits bezeichnet "Open" die Turnierform, das tägliche Gewerbe des Protagonisten. Zweitens steht er für "Offenheit". Und genau dieser Umstand, den sich Andre Agassi, 39, in seiner Lebensschau auf die Fahnen geschrieben hat, bringt nun Medien und Ex-Kollegen auf die Barrikaden. Martina Nawratilova, Becker, Federer und Co., sie alle fanden das Drogenbekenntnis Agassis ein wenig zu offen. Hätte er doch geschwiegen, lautet die Forderung unisono. Der Tennissport wurde schwer geschädigt. Schon vor Erscheinen des Buches schlugen Agassis Aussagen Wellen und brachten Popularität wie zu besten Zeiten. Merkwürdige Sportlerwelt, die eher eine biografische Lüge gutgeheißen hätte. Und undenkbar für einen, dessen Lebensweg eher ein Leidensweg war, wenn man den Erinnerungen Glauben schneken darf. Selbst wenn es ihn Pokale und Titel kosten sollte. Jetzt wird Tacheles geredet.
Starker Tobak, wenn einer der größten Stars des Tennis am Ende seiner Karriere, kurz vor seinen letzten US Open 2006 feststellt, dass er nur noch ein Schmerzbündel ist, ein gefühlter Greis, der seinen Sport schon immer verabscheut hat, ihn "mit dunkler, heimlicher Leidenschaft hass[t]". Quälend genau lässt Agassi den Leser teilhaben an den schmerzhaften Kortison-Injektionen, die die schwer lädierte Wirbelsäule besänftigen sollen. Präzise wie ein Chronist und im herben Ton einer Abrechnung lässt Andre Agassi seinen Zuchtmeister noch einmal aufmarschieren. Den hochaggressiven gewalttätigen Vater, der seinen Jungen mit tausenden von Bällen aus der Ballmaschine beschießen ließ und zur weiteren Stählung ins berüchtigte Camp des Nick Bollettieri nach Florida zwang. Ein "besseres Gefangenenlager", wie Agassi rückblickend urteilt. Schließlich war es auch der von Ehrgeiz zerfressene Vater, der den eigenen Sohn vor Turnieren mit Exedrin und Speed auf Trab brachte.
Eine Leidensprosa auf hohem Niveau. Womöglich ist es dem Pulitzer-Preisträger und Co-Autor J.R. Moehringer zu verdanken, dass diese Sportlergeschichte in ihrer Intensität andere meilenweit überragt. Wir lernen einen entwurzelten, seiner Kindheit beraubten Aufsässigen kennen, der sich zur Kompensation und dem Spott seiner Kollegen mit einer edlen Entourage umgibt, im Weißen Haus nächtigt und die Droge Crystal Meth als zeitweiliges Überlebensmittel schätzen lernt. Einen, der jeden Spielverlauf exakt im Kopf hat und spannend nachzuerzählen weiß. Und auch schnödes Klatschbedürfnis PR-gemäß befriedigt. Das rutschende Toupet, die Jeans-Shorts auf dem Centercourt, die ihn zur Stil-Ikone werden ließen, das gefälschte Punker-Image (tatsächlich schätzt Agassi Kuschelballaden von Barry Manilow). Die gescheiterte Ehe mit Brooke Shields, die Freundschaft mit Barbra Streisand ? schließlich jene Frau, die ihn endlich zu sich selbst kommen ließ. Unsere Steffi. Beweis: Ein wunderschönes Familienfoto mit Kids, das in seiner Innigkeit wahre Bände spricht. Andre Agassi ist ein großer Befreiungsschlag gelungen. Mögen andere meckern, den entscheidenden Punkt hat ER gemacht.?Ravi Unger