Nimm's leicht!.

Bradley Tr. Greive

Buch, Gebunden
Ausgabe vom Aug. 2004
Verkaufsrang: 114576 (je kleiner desto beliebter)
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Nimm's leicht!. - Bradley Tr. Greive
Was macht den Erfolg der Maigret-Romane aus? Ein sympathischer Kommissar findet sich auch bei Pierre Magnan oder Donna Leon, moralisch ambivalente Ereignisse werden bei Jean-Patrick Manchette oder Lawrence Block eindringlicher geschildert. Bei Simenon haben wir eben den Alltag -- aber mit solcher Verständnisinnigkeit und Liebe zum Detail gezeichnet, dass wir ihn wie durch einen romantisierenden Schleier erleben. Unangenehme und gemeine Ereignisse gehören zum Leben, und Maigret nimmt sich ihrer auf eine Art und Weise an, die sagt: Lasst sie euch nicht nehmen, denn auch sie machen euch aus!
Hier irrt Maigret stammt aus den späteren Jahren sowohl des Autors als auch des Kommissars. Beide können sich einer gewissen Routine nicht erwehren, doch beide wissen sie daraus ihre Vorteile zu ziehen. Simenon erzählt immer lässiger, entspannter, aus einer abgeklärten Weltsicht heraus, die in seinem Fall glücklicherweise von jeglicher Altersarroganz frei ist. Auch Maigret lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, als er vom Frühstück weg an den Ort einer Mordtat gerufen wird. Ein reicher Arzt scheint in die Sache verwickelt, und Maigret muss mit Samthandschuhen vorgehen. Doch damit kennt er sich aus, denn schon als junger Sekretär des Kommissars Le Bret im Quartier Saint-Georges musste er sich mit hoch gestellten Persönlichkeiten herumschlagen (Maigrets erste Untersuchung). Er verspürt eine seltsame Seelenverwandschaft zu dem berühmten Chirurgen, der von den Frauen angebetet wird und sich ihrer bedient, als wolle er mit seinem Schöpfer Simenon in den Wettstreit treten.
Warum dieser Roman ausgerechnet Hier irrt Maigret heißt, bleibt unklar, denn Maigret fällt sein Urteil erst auf den letzten Seiten und muss es nicht revidieren. Vielleicht bezieht sich der Titel auf die Tatsache, dass er für seine Verhältnisse recht lange braucht, bis er sich darüber im Klaren ist, ob er seinen ihm ebenbürtigen Gegenspieler -- den Arzt -- zu den Verdächtigen zählen soll oder nicht. Egal, das Buch ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite und beweist einmal mehr, dass Diogenes mit seiner Werbung, Donna-Leon-Fans sollten es doch mit Simenon versuchen, zwar Recht hat, aber das Pferd von hinten aufzäumt: Wer neben Simenon noch Zeit und Lust für andere Krimis hat, mag es mitunter auch mit Commissario Brunnetti probieren. --Hannes Riffel