Sturm über roten Wassern

Scott Lynch

Buch, Taschenbuch
Ausgabe vom 30. Mai 2008
Verkaufsrang: 47699 (je kleiner desto beliebter)
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Sturm über roten Wassern - Scott Lynch
Das Fantasy-Event der letzten Jahre
Dies sind die Abenteuer von Locke Lamora - Meisterdieb, Lügner und wahrer Gentleman -, der mit seiner Bande aus dem Herzogtum Camorr geflohen ist und nun über sturmumtoste Ozeane reist. Dies sind die Abenteuer eines Fantasy-Helden, den Sie nie wieder vergessen werden ... Nach seinem hochgelobten Erstlingsroman "Die Lügen des Locke Lamora" setzt der junge Amerikaner Scott Lynch seine atemberaubende Serie fort, mit der er die Abenteuer-Fantasy neu definiert.

Von DIE LÜGEN DES LOCKE LAMORA war ich begeistert, von seinem Folgeband, STURM ÜBER ROTEN WASSERN weniger. In gewisser Hinsicht hat der Autor Fortschritte erzielt. Die Handlung ist noch besser geplant, noch besser getimt. Wie die einzelnen Handlungsfäden und Rückblenden zusammenlaufen und einander ergänzen, ist wirklich beeindruckend. Die Hauptgeschichte ist wieder in sich abgeschlossen, aber es gibt Andeutungen, dass der Konflikt mit den Magier von Karthain sich zu einem den Zyklus umspannenden Thema entwickelt, was ich sehr willkommen heiße. Scott Lynch macht seine Hauptfiguren zugänglicher (vor allem Jean kann sich profilieren) und sein Stil ist so witzig und clever wie zuvor.

Doch für meinen Geschmack ist SüRW ein bisschen zu konstruiert, ein bisschen zu bemüht cool und nachdem der Neuheitsbonus weggefallen ist, ist mein Allgemeineindruck ein schlechterer. Zum einen fehlt dem Buch die Frische. Zu sehr ähnelt die Grundstruktur der Handlung der im ersten Band (Trickbetrug wird von dritter Partei gestört; während alles rund um sie in Brüche geht, wartet Locke auf die perfekte Gelegenheit, um die Situation doch noch zu seinen Gunsten zu wenden; völlige Befriedigung aus dem Trickbetrug bleibt den GGs versagt) und der Konflikt mit den Magiern ist noch zuwenig stark ausgebildet.
Zum anderen führt der Aufbau der einzelnen Handlungsfäden zu einigen Spannungseinbrüchen. Vor allem die Episode bei den Piraten, die inmitten des Trickbetruges aufgebaut wird und für das zugegebenermaßen tolle Finale notwendig ist, drosselt das Tempo. Sie wirkt sich auch in anderer Hinsicht negativ aus. Um die monatelange Abwesenheit auf See zu rechtfertigen, unterbreitet Locke dem Casinobesitzer fadenscheinige Erklärungen, was dessen Misstrauen erwecken müsste, es aber nicht tut. Für das Fortschreiten der Handlung ist es notwendig, dass er bis zum Schluss im Unklaren bleibt, egal ob es seinem Charakterentwurf entspricht oder nicht.
Auch die Darstellung der Piraten hat mir nicht gefallen. Da für Lockes Welt die Umkehrung "Katzen und Frauen an Bord bringen Glück" gilt (ein Gag, der über alle Gebühr strapaziert wird), ist ein Großteil von ihnen Frauen. Sie sind zäh wie Leder, haben Herzen aus Gold und sind "supercool".

Obwohl STURM ÜBER ROTEN WASSERN meine hohen Erwartungen nicht erfüllt hat, werde ich die Gentleman Ganoven und ihre Abenteuer mit Sicherheit weiterverfolgen. Ich hoffe nur, dass Lynch im nächsten Teil mehr Neues bringt.