Liesl Karlstadt

Gunna Wendt

Buch, Taschenbuch
Ausgabe vom 2000
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Liesl Karlstadt - Gunna Wendt
Aus der Amazon.de-Redaktion

Über den Münchner Komiker Karl Valentin gibt es jede Menge Literatur. Von seiner Partnerin, der populären Liesl Karlstadt (1892-1960), war zwanzig Jahre keine Biografie greifbar. Ein Leben lang stand sie im Schatten ihres Partners; sehr zu Unrecht, wie Gunna Wendt in ihrem neuen Buch zeigt. Die Kritik hat, ähnlich wie bei Brechts Frauen, Liesl Karlstadts eigene Leistung nie richtig gewürdigt. Dabei wurde sie aus der gelehrigen Schülerin Valentins sehr bald zur Mitautorin; gemeinsam mit ihrem Partner hat sie die Dialoge und Stücke, ein niemals endendes Fortsetzungsgespräch über die Welt, aus der Improvisation entwickelt. Ihr Rolle dabei war die bewegliche, vorantreibende. Hinter der Bühne war Karl Valentin in seinem hypochondrischen Lampenfieber ganz auf Liesl Karlstadts geduldige Kraft angewiesen. Gunna Wendt gibt der Frau neben Valentin ihre Identität zurück. Für das Buch hat sie neues Material ausgewertet, den Nachlass im Archiv der Monacensia, Jugendaufsätze, Bühnenalben, dazu Polizeiberichte und Psychiatrieakten aus der Münchner Nussbaumstraße. Es entsteht das Portrait einer Frau mit zwei Gesichtern. Mit Energie und Ehrgeiz hat sich Liesl Karlstadt aus ärmlichen Verhältnissen den Fluchtweg auf die Bühne gesucht. Karl Valentin hat sie für das Komische entdeckt, aber auch lebenslänglich darauf festgelegt, in einer leibeigenen Partnerschaft. Als sie 1935 nach einem Selbstmordversuch aus der Isar gezogen und in die Psychiatrische Klinik eingeliefert wird, nennt die Polizeiakte den Grund: Kummer. Die Lust an der Verkleidung hat bis zum Verlust der Identität geführt; die Liebe zu Hosenrollen offenbart Unzufriedenheit mit dem eigenen Geschlecht. Hinter dem runden, gutmütig-bescheidenen Gesicht erscheint eine sehr labile, multiple Bühnenpersönlichkeit. Gunna Wendt betreibt in ihren Recherchen, die eher thematisch als chronologisch gegliedert sind, eine sehr behutsame Annäherung. Sie lässt viele Fragen stehen und vermeidet jede Vertraulichkeit mit unserer Liesl. Originaltexte und Fotos stehen im Wechsel mit Literatur der Zeit und eigenen Mutmaßungen und Interpretationen der Autorin, eine Darstellungsweise, die dem Leser Freiraum lässt, um sich aus dem angebotenen Material ein eigenes Bild zu machen. Eine äußerst lesenswerte Frauenbiografie. --Eva Leipprand