Erkämpfte Freiheit: Erinnerungen

Hans Küng

Buch, Taschenbuch
Ausgabe vom Mai 2008
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Erkämpfte Freiheit: Erinnerungen - Hans Küng
Der breiten Öffentlichkeit ist Hans Küng wohl wegen seiner Auseinandersetzung mit der vatikanischen Glaubenskongregation über seine theologischen Thesen sowie schließlich dem Entzug seiner kirchlichen Lehrerlaubnis 1979 durch dieselbe bekannt. Wirklich verstanden, worum es in der Sache ging, werden es jedoch nur Theologen sowie interessierte und gebildete Laien haben.
Wer nun aber glaubt, durch Erkämpfte Freiheit, die Autobiografie Hans Küngs, fiese Details über diesen Konflikt sowie hämische Schadenfreude oder triumphierende Arroganz des Autors zu erfahren, ist hier an der falschen Adresse. Denn dieser Band der Autobiografie reicht lediglich bis zu seinem 40. Lebensjahr (ein zweiter wird folgen). Er schildert somit zwar die ersten theologischen Konfrontationen und die Entwicklung Küngs zu einem unabhängigen wie unbestechlichen Geist und Kämpfer für seine argumentativ belegten Überzeugungen. Die Eskalation der konträren Auffassungen wird jedoch Gegenstand des späteren Lebensberichtes sein. Außerdem ist dieses Leben ein Paradebeispiel dafür, dass Kritik an Teilen der Institution katholische Kirche nicht gleichbedeutend ist mit Kampf gegen diese in ihrer Gesamtheit und schon gar nicht mit Negierung des Glaubens, sondern vielmehr etwas zu tun hat mit der Position des Einzelnen innerhalb des Ganzen.
Was den Leser erwartet ist ein kluges Buch, sehr persönlich, offen, ironisch, spannend geschrieben, eine verständliche und präzise Darlegung theologischer Forschungen und Argumentationen. Ganz nebenbei ist es eine Kirchengeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Papstgeschichte, Geschichte und Scheitern des Zweiten Vatikanischen Konzils, Kirchenreform, biografische Skizze bedeutender Theologen und ihres Werkes wie das des protestantischen Theologen Karl Barth, dessen Rechtfertigungslehre Küng zu seinem Promotionsthema anregte, und ein Alltagsbericht zu Leben und Ausbildung eines Jesuitenschülers (des Collegium Germanicum). Kenntnisreich und souverän führt Hans Küng durch diffizile und komplexe Themen, aber auch durch die Personalpolitik der Kirche, universitätsinterne Strukturen, schildert Auslandsreisen und Begegnungen, erzählt liebevoll über seine Familie.
Man spürt den Enthusiasmus, den Idealismus, die aufrichtige Empörung des jungen Küng über Missstände innerhalb der Kirche - ebenso wie man später die Verteidigung seiner Thesen und die Entscheidung für die Auseinandersetzung um seiner Überzeugung willen, nicht aus Streitsucht, die Enttäuschung und Verbitterung verstehen kann. Man muss seine weltpolitischen Betrachtungen oder zuweilen naiv erscheinenden Urteile über seine Schweiz nicht teilen, doch das sind Marginalien. Trotz der etwas mehr als 600 Seiten ist keine zu viel - und die Fortsetzung folgt hoffentlich bald. -Osseline Kind