Wer übrig bleibt, hat recht

Richard Birkefeld, Göran Hachmeister

Buch, Gebundene Ausgabe
Ausgabe vom 2002
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EAN/ISBN: 9783821808857
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Wer übrig bleibt, hat recht - Richard Birkefeld, Göran Hachmeister
August 1944, KZ Buchenwald: Die ersten Bomben der Befreier schlagen in das Außenlager ein. Ruprecht Haas, wegen Wehrkraftzersetzung zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, nutzt die Gunst der Stunde und entkommt im Getümmel seinen Peinigern. Die riskante Flucht gelingt, Berlin heißt nun sein Ziel. Vor dem zu Tode geschundenen Haas liegt eine letzte große Aufgabe. Einen nach dem andern wird er sie heimsuchen. Nicht eher wird er ruhen, bis die Denunzianten, die Mitläufer, Kriegsgewinnler und Quälgeister, die sein und das Leben seiner kleinen Familie zerstört haben, selbst vernichtet sind.
Warum ausgerechnet hat man ihn, SS-Sturmbannführer Kalterer, Topmann des Auslands-SD in Polen und Frankreich dazu abgestellt, einen simplen Mord an einem Berliner Parteibonzen aufzuklären? Im Rahmen seiner Nachforschungen stößt der Gestapo-Mann sehr bald auf weitere, fast ritualhaft anmutende Hinrichtungen. Ein Muster zeichnet sich ab. Der einsame Wolf Kalterer nimmt Witterung auf. In düsterer Endzeitstimmung und vor der zerbombten Kulisse der Reichshauptstadt nimmt ein atemberaubendes Katz-und-Maus-Spiel seinen Lauf.
Eine irritierende Leseerfahrung stellen im nachtschwarzen Debütroman der beiden Historiker Birkefeld & Hachmeister die changierenden Identifikationsfiguren dar. Täter- und Opferbilder verwischen beständig. Sind Sympathien mit einem (durchaus gebrochenen) Gestapo-Ermittler erlaubt, der häufig genug wie ein folternder Bilderbuch-Nazi agiert? Wünscht man am Ende gar dem gepeinigten KZ-Insassen, der seine Opfer förmlich abschlachtet, fröhliches Gelingen? Fragen, die weit über die Story hinaus Diskussionsstoff bieten.
Schade nur, dass das Lektorat offensichtlich zeitweilig auf Fronturlaub war. Zahlreiche Schreibfehler und echte Rohrkrepierer wie die Angriffe auf "München-Gladbach" sind ärgerlich. Auch würde der Südtiroler Bergheld "Louis Trenker" über seine frankophile Namensänderung mächtig gegrantelt haben. Petitessen jedoch, angesichts eines wahnwitzigen Finales, das sich bis in die höchsten Kreise des Reichssicherheitshauptamtes schraubt. Am Ende - Berlin ist am Verglühen, ein Jäger und ein Gejagter haben das Liebste auf der Welt verloren - stößt SS-Mann Kalterer auf einen Satz, hingekrakelt auf eine Hauswand: "Führer befiehl, wir folgen!" Der Wahnsinn, in einen einzigen Satz gegossen. Großartiger Einstand! -Ravi Unger