Nicht mit sechzig, Honey - CD - - Kid Stardust im Schlachthof

Charles Bukowski, Martin Semmelrogge

Hörbuch, Audio CD
Ausgabe vom 2003
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Nicht mit sechzig, Honey - CD -  - Kid Stardust im Schlachthof - Charles Bukowski, Martin Semmelrogge
Hörbuch-Rezensionen

Die Mischung scheint wie füreinander gemacht, sie scheint von Anfang an zu stimmen. Martin Semmelrogge besitzt mit seiner rauchigen Stimme das ideale Instrument, um Bukowskis Texten zu interpretieren. Ohne Schnickschnack und Spezialeffekte, nur mit seiner Stimme spricht er die derb-zärtliche Poesie des Underground-Dichters Charles Bukowski. Des Mannes, der 1920 in Andernach geboren und mit zwei Jahren Einwohner von Los Angeles wurde. Wovon Bukowski erzählt, hat er selbst erlebt ? als Tankwart, Schlachthof- und Hafenarbeiter, als Postmann, im Knast und als Zuhälter. Mit 35 Jahren begann er zu schreiben. 1994 starb Charles Bukowski. Die auf diesem Hörbuch vorgetragenen Gedichte stammen aus dem Band ?Nicht mit sechzig, Honey?, dazu kommen zwei Prosatexte: ?Kid Stardust im Schlachthof? und ?Die Couragemangel?. Bukowski erzählt lapidar von der Kehrseite des amerikanischen Traums. Obszön und traurig, böse, selbstironisch und witzig. Brutal, aber wahr! Er macht das hässliche, stinkige Leben zum Thema und zeichnet erbarmungslos, sehr realistisch Suff, Drogen, Huren und Schlachthöfe. Martin Semmelrogge trifft sicher den Ton vom Fressen, Saufen und Ficken...vom Überleben. Er kann diese Sprache sprechen, bei ihm klingt sie glaubwürdig. Wenn er die Formel ?Haar in der Suppe ... keine Kfz-Versicherung ... Furunkel im Nacken? stakkatomäßig und fast leiernd heruntersagt, formuliert er eigentlich schon alles über das triste, aussichtslose Dasein (?Vierzehn Dollar und zweiunddreißig Cents?). Herrlich, wie er in ?Warum finden die alles so toll? die ganze verlogene bürgerliche Moral, das falsche Verständnis für alles und die Pseudo- Toleranz in den Kakao zieht. Bukowskis berühmt-berüchtigte derbe Sprache inszeniert Semmelrogge routiniert in ?Zu spät?. Er ist sechzig und trifft auf eine cirka 68-Jährige ? knubblige Knie, Titten völlig flachgeschrumpft, Frisur völlig hinüber ? und stellt sich vor, wie sie alle Männer heiß gemacht hat. Aber: er ist sechzig... und es ist vorbei! In der Short Story ?Die Couragemangel? arbeitet Bukowski unerbittlich den Gedanken des völligen Verlusts von Courage heraus. In dem perversen Umfeld einer Agentur für zufriedenstellende Dienstleistung spielen zwei Männer die zweifelhafte Rolle, anderen Männern ihre Courage mit Mangeln herauszuquetschen. Erst wenn kein Quäntchen Courage mehr in den Männern steckt, dann taugen die Gemangelten für die Gesellschaft. Dann halten sie die Maschinerie, in der Geld und Krieg die zentrale Rolle spielen, am Laufen. Es ist wirklich beeindruckend, wie Semmelrogge die Dialoge spricht. Man könnte meinen, sie seien extra für ihn geschrieben. Das bitterböse Ende dieser grotesken Story, das den Täter zum Opfer seiner eigenen arschkriechenden Lebensphilosophie macht, setzt der Sprecher unvergesslich in Szene. Man muss das hören, wie sich die Sprache plötzlich dreht, wie der Schinder zusehen will, wie sein Partner seine Frau fickt. Martin Semmelrogge ist aus vielen Krimis bekannt. In Wolfgang Petersens Film ?Das Boot? spielte er den zweiten Wachoffizier. Es folgten Rollen in ?Manila? von Romuald Karmakar oder in Steven Spielbergs ?Schindlers Liste?. Fazit: Wer die provokative, illusionslose und doch so ?zärtliche? Prosa und Lyrik des Charles Bukowski mag, wird begeistert sein. Lesung, Spieldauer: ca. 75 Minuten, 1 CD.
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