Interstella 5555 (Limited Edition)

DVD
Ausgabe vom 1. Dezember 2003
Verkaufsrang: 54098 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 0724359425702
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Interstella 5555 (Limited Edition) -
In einer Geschichte der ungewöhnlichsten Kinoprojekte aller Zeiten hätte sich Leiji Matsumotos knapp 70 Minuten langer Animationsfilm Interstella 5555 ohne jeden Zweifel einen Ehrenplatz verdient. Die Zusammenarbeit zwischen der Legende des japanischen Zeichentrickfilms - Matsumoto ist unter anderem auch für die Kultserie Captain Future verantwortlich - und den beiden Musikern des französischen House-Duos Daft Punk entspringt zwar der seit einiger Zeit anhaltenden Retro-Mode, doch letztlich haben der Filmemacher und die Musiker hier trotz allem ganz neue Wege beschritten. Ein wenig erinnert ihr Film an die Longform-Videos, die in den späten 80er-Jahren kurzzeitig äußerst populär waren. Nur verzichtet Interstella 5555 auf jeden Dialog und selbst die an sich schon spärlichen Texte der 14 Songs des Daft-Punk-Albums Discovery haben kaum einen Bezug zur erzählten Geschichte. Die Bilder müssen ganz für sich sprechen. Die Musik von Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem Christo ist - fast wie bei einem Stummfilm - nur Begleitung.
Interstella 5555 führt die Geschichte fort, die in den Videos zu den vier Single-Auskopplungen aus dem Discovery-Album begonnen hat. Was in den Videos noch sehr rätselhaft wirkte, der Auftritt einer außerirdischen Pop-Band auf einem fremden Planeten, die Entführung eben dieser Band in unsere Welt und schließlich ihre Umwandlung in einen irdischen Pop-Act, war nur die Exposition für eine Verschwörungsgeschichte von wahrhaft intergalaktischem Ausmaß. Dabei erinnert nicht nur der Animationsstil an die früheren Arbeiten von Leiji Matsumoto, auch die Figuren und die Themen des Films variieren klassische Motive des japanischen Animationskinos. Nur haben Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem Christo sie in einen etwas anderen Kontext gestellt. Ihr Science-Fiction-Abenteuer ist am Ende eigentlich gar keine Zukunftsvision, sondern ein Gewand für eine ironische, aber auch ziemlich bittere Abrechnung mit der heutigen Popindustrie.
In vielen Kritiken zum Kinostart von Interstella 5555 konnte man lesen, dass der Film in erster Linie für Fans der Daft-Punk-Musik interessant sei. Natürlich hat dieses Projekt einen besonderen Reiz für Fans, doch man muss kein begeisterter Anhänger des House-Sounds sein, um seinen Spaß an diesem einzigartigen Anime zu haben. Die Geschichte und die Bilder, in denen sie erzählt wird, haben ihre eigene Faszination, die der Musik im Endeffekt eine ganz neue Bedeutung verleiht. Die Songs von Daft Punk wirken im Kontext des Films sogar weitaus vielschichtiger als nur beim reinen Hören. Kazuhisa Takenouchis Vision entwickelt zudem einen ungeheuren Sog. Der äußere Impuls der Musik, die zum Tanzen verführt, verwandelt sich in einen inneren Affekt. Interstella 5555 bringt die Seele und das Gehirn zum Tanzen. -Sascha Westphal