Jerusalem

Steve Earle

Musik-CD, Audio CD
Ausgabe vom 3. August 2009
Verkaufsrang: 159905 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 0014431701320
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Jerusalem - Steve Earle
Als der Texaner Steve Earle 1986 mit seinem großartigen Debütalbum Guitar Town auf der Bildfläche erschien, galt der Songwriter zusammen mit den Kollegen Dwight Yoakam und Randy Travis als einer der Erneuerer der im "Nash-Trash-Bullshit" (so Dwight Yoakam) gefangenen Countrymusik. Ein Jahr später, das zweite Werk Exit O war grade erschienen, trat Earle mit seiner Band erstmals im deutschsprachigen Raum live auf. Beim Countryfestival im schweizerischen Zug ließ es Mr. Earle erst einmal ordentlich krachen. Den ob der Rockshow sichtlich entgeisterten Schweizer Cowboys rief er zu: "We're a rockband."
Schon immer tobten in Earles Brust zwei Seelen, die der Countrymusik und die des Rock. Beeinflusst von seinem großen Idol Townes van Zandt (laut Earle ein "guter Lehrer aber ein schlechtes Vorbild"), aber auch von Jerry Jeff Walker und Guy Clark sowie von Bruce Springsteen schaffte es Earle immer, beide Seelen zu vereinen, wobei der Musiker immer sehr offen für die unterschiedlichsten Einflüsse war. Nach seinem Meisterwerk Copperhead Road (1988) hielt sich Earle zum Beispiel in England (wo er besonders angesagt war) und in Irland auf und trat gelegentlich mit den Folkpunks Pogues zusammen auf. Nach zwei weiteren Studioalben versackte der begnadete Songwriter im Drogensumpf, der Junkie landete gar für einige Monate im Knast. Schon befürchteten die Fans, Steve Earle käme als Musiker niemals wieder auf die Beine. Umso erfreulicher, dass ihm 1995 mit Studioalbum Nummer sechs, Train A Comin' sein Comeback gelang. Vier weitere Alben, darunter das Neo-Bluegrass-Werk The Mountain folgten seither.
Jetzt kommt Jerusalem auf den Markt, sein, wie er in Interviews sagt, "politisches Album". Unter dem Eindruck der Anschläge auf das World Trade Center und dessen Folgen stehend, hat sich der schon immer sehr engagierte Musiker einiger Themen angenommen. Wobei der überzeugte Gegner der Todesstrafe natürlich nicht in unreflektierten Patriotismus verfällt. Seine Form von amerikanischem Patriotismus lässt durchaus Platz für differenzierte Betrachtungsweisen. So handelt ein Song vom US-amerikanischen Taliban John Walker, ein Stück, in dem Earle nicht einfach dessen Kopf fordert, sondern nachfragt, wie es dazu kommen kann, dass ein amerikanisches Kid für die Thesen der Fundamentalisten anfällig werden kann. Ein anderes Stück, der Titelsong, beklagt die Anschläge und die Ereignisse in Israel/Palästina, lässt aber Steve Earles optimistischen Blick für die Zukunft erkennen.
Musikalisch ist Jerusalem eher ein "Rockalbum", so Earle, geworden, wobei auch hier Country-Elemente mit einfließen. Der opener "Ashes To Ashes" ist ein krachiger Rocksong, ebenso wie der zweite Titel, "Amerika v.6.0", das mit einem Stones-Gitarrenriff aufwartet. Wo "Go Amanda" und "Shadowland" ebenfalls rocken, hat sich Earle für die "Conspiracy Theory" von R&B beeinflussen lassen und kommt der ebenfalls von einer weiblicher Gastsängerin unterstützte, einzige Lovesong "I Remember You" als wunderschönes Countryduett daher. "John Walker Blues" und "The Kind" sind ebenso feine Countrysongs. Earles texanische Roots schimmern nicht zuletzt auch im Tex-Mex-Song "What's A Simple Man To Do" durch: Schließlich ist der Songwriter in San Antonio, der Metropole des TexMex oder tejano conjunto, wie die mexikanischstämmigen Texaner sagen, aufgewachsen. Insgesamt ist Jerusalem ein schönes Album geworden, Fans könnten allenfalls bemängeln, dass die CD mit einer Dauer von 37 Minuten doch etwas kurz ist. -Thomas Bohnet