Gegen die Wand/Head-on

Ost, Various

Musik-CD, Audio CD
Ausgabe vom 29. November 2004
Verkaufsrang: 91859 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 4011760556429
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Gegen die Wand/Head-on - Ost, Various
Traditionelle und aktuelle türkische Musik, Elektronisches, Reggae, Rock - dieser Sampler beinhaltet eine kunterbunte Zusammenstellung. Die abwechslungsreiche, sehr unterhaltsame Stilvielfalt untermalt einen allseits hoch gelobten Film, der bei der Berlinale 2004 einen Goldenen Bären erhalten hat. Gegen die Wand erzählt die "in Hamburg und Istanbul spielende stürmische Liebesgeschichte einer jungen Türkin, die durch eine Scheinehe mit einem älteren Landsmann ihrem konservativen, religiösen Elternhaus entflieht" (Spiegel Online). Und so geht es während der fast zwei Stunden um Wut, Selbstzerstörung, Schmerz, Aggression, unendliches Leid und Unverständnis. Genau das sind, laut dem türkischstämmigen, in der Hansestadt ansässigen Regisseur Fatih Akin, auch die Stimmungen, welche die 17 Lieder des vorliegenden Soundtracks ausdrücken. Was auf den ersten Blick wie eine konzeptlose, kontroverse Compilation aussieht, macht unter diesem Aspekt Sinn und fügt sich zu einer "noch nie da gewesenen Symbiose" zusammen.
"Am Anfang", schreibt Akin im 16-seitigen, reich bebilderten Booklet, "war für mich der Sound. Sound, der mich begleitete, mich inspirierte, den Drang hatte, mit einem Bild, einer Szene, einem Drehbuch, einem Film zu verschmelzen". Lieder wie die poetische türkische Folklore eines Selim Sesler & Orchester, Depeche Modes "I Feel You" oder das minimalistische, schräge Instrumental des Einstürzende-Neubauten-Gitarristen Alexander Hacke. Düstere Power kommt von The Sisters Of Mercy, die sich von Ofra Haza (Hit: "Im Nin Alu") "berühren" ließen. Die Sam Ragga Band, Ex-Begleitgruppe von Jan Delay, steuert mit ihrer einstige Frontfrau Reggae bei. Außergewöhnlich: das zwölfköpfige, rumänische Zigeuner-Blasorchester Fanfare Ciocarlia. Danach beeindruckt Sezen Aksu, die beste Stimme des türkischen Pop, mit einer atmosphärisch-dichten, akustischen Ballade. Sound-Designerin Mona Mur macht hörenswerten "Gothic Ambient", während Wendy Rene (ehemals The Drapels) für nostalgischen Soul steht. Agir Roman bieten türkische Clubmusik und Mercan Dede fusioniert elektronische sowie östliche Klänge mit Improvisationen zu faszinierenden Stimmungsbildern. Den Abspann untermalen Zinoba, die Gruppe um den ehemaligen Selig-Sänger und -Schlagzeuger, mit einer Coverversion von Talk Talks "Life's What You Make It".
Binnen 68 Minuten 33 Sekunden fügen sich all diese Lieder, die übrigens bereits vor dem Drehbeginn ausgewählt worden sind, nahtlos zusammen. Aus so vielen augenscheinlich unpassenden Puzzleteilchen ein schlüssiges Gesamtbild zu erhalten, ist ungewöhnlich. Dass es zur Verwirklichung weniger Glück, sondern vielmehr der entsprechenden Vision und Einstellung bedarf, erklärt Fatih Akin im Booklet: "Konzepte und Formen sind dazu da, über den Haufen geschmissen zu werden". Korrekt, denn so kann etwas Neues entstehen. Dieser Sampler ist der beste Beweis dafür! -Thomas Hammerl