Unausgesprochen

Annett Louisan

Musik-CD, Audio CD
Ausgabe vom 21. Oktober 2005
Verkaufsrang: 3296 (je kleiner desto beliebter)
EAN/ISBN: 0828767454320
ASIN: B000BDIWVK (Amazon-Bestellnummer)
Unausgesprochen - Annett Louisan
Man nehme die Liedermacherqualitäten eines Reinhard Mey und die spielerische Wortgewaltigkeit einer Pe Werner, und mixe das Ganze mit dem schwül-dampfenden Sex einer blonden Lolita, die mit höchst erotisch säuselnder Kinder-Stimme erstaunlich reife Lebens-Wahrheiten besingt, für die sie eigentlich viel zu jung sein müsste. Dann hat man Annett Louisan, wohl eine der erfolgreichsten Newcomerinnen des letzten Jahres. War ihre Debüt-CD Bohéme schon ein großer Erfolg, das Nachfolgealbum Unausgesprochen ist wirklich der absolute Knaller.
Das Komponisten/Texter-Team um Annett Louisan hat ihr wieder eine ganze Reihe von Liedern auf die süße Stimme geschrieben, die man am Besten wohl als kuschelig abwechslungsreiche Bar-Musik bezeichnen kann. Intime, leise Songs, mal jazzig, mal bluesig, mal Walzer, mal Musette, mal Samba, mal Tango. Die Texte wechseln zwischen boshaft wie in "Torsten Schmidt" oder "Gedacht ich sage nein", melancholisch wie in "Chancenlos" oder "Vielleicht", wortspielerisch amüsant wie in "Eve" (kaum zu glauben, wie viele Worte auf "-iv" enden!), traurig wie in "Läuft alles perfekt", witzig wie in "Beerdigung". Annett Louisan seziert auch auf dieser CD wieder die Beziehung Mann-Frau mit treffenden und betroffen machenden Worten. In "Das große Erwachen" schildert sie auf den Punkt genau, was eine Frau alles macht, um einen Mann zu kriegen. In "Wo ist das Problem?" schildert sie die Frau, die ständig an ihrem Mann herumnörgelt, bis er geht, und die das dann gar nicht verstehen kann. In "Er gehörte mal mir" wird ein Typ beschrieben, der eigentlich weniger als Nichts darstellt, aber das heißt noch lange nicht, dass sie ihn einer anderen gönnt. Fazit: Die CD ist sofort auf Platz 1 meiner persönlichen Hit-Liste aufgestiegen. Selten haben mir auf einem Album ausnahmslos alle Songs so gut gefallen, dass ich mir die CD sofort noch mal angehört habe. Bei Annett Louisan passt einfach alles zusammen: Stimme, Musik, Texte, und die unaufdringlich perfekte Produktion. Annett Louisan hat etwas, was heute selten geworden ist: Persönlichkeit und Charisma. Die 15 Songs der CD haben mit dem derzeit angesagten "Sound" überhaupt nichts zu tun, und das macht sie zu etwas ganz Besonderem. Recht so und weiter so.
Für Amazon-Kunden gibt es von dieser CD Unausgesprochen eine spezielle Ausgabe, die sonst nirgends erhältlich ist. Da sind zum einen zwei Bonus-Titel, die es in sich haben. "Fettnäpfchenwetthüpfen" ist, wie der Titel schon verrät, die Aufforderung zum daneben benehmen: "ganz tief in den Nesseln steht mein Lieblingssessel, das schockt und kostet nicht viel" Und dann legt sie los, die niedliche Annett, und gibt dem Begriff "Mobbing" eine neue Bedeutung. Von einer ganz anderen Seite zeigt sich Annett Louisan auf Bonus-Titel Nr. 2: "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt", einst eine Paradenummer für die unvergessliche Marlene Dietrich. Was die Dietrich mit Erfahrung und rauchiger Stimme interpretierte, hört sich bei Annett Louisan natürlich ganz anders an. Verrucht kindlich und verführerisch naiv klingt es, wenn sie mit ihrer Lolita-Stimme singt "Männer umschwirr'n mich wie Motten das Licht, und wenn sie verbrennen, ja dafür kann ich nichts". Man glaubt es. Und zum Zweiten gibt es auf dieser speziellen amazon-Ausgabe der CD Unausgesprochen einen Videoclip zu sehen, und zwar das Video von "Das große Erwachen", ihres ersten Single-Hits aus dieser CD. Da kann man die attraktive Annett dann nicht nur hören, sondern auch in voller Aktion sehen. Und das lohnt sich allemal.
-Julia Edenhofer

Das Spiel wird zum raffinierten Rollenspiel, erfindungsreich und voller Nuancen. Nicht nur zwischen Frau und Mann und Mann und Frau, sondern auch das Verständnis zwischen Frauen unter sich. Die Stimme macht's auch hier: Ausdrucksvoll wie die einer Theaterschauspielerin, dennoch nicht bühnentechnisch routiniert. Denn Annett Louisan tut etwas weit Charmanteres: Sie "erzählt" die Lieder. Nicht "ihre" Geschichte, aber jede Menge eigene Geschichten.
Annett Louisans zweites Album "Unausgesprochen" pirscht zunächst leise und knüpft scheinbar nahtlos an das Debüt an. Schnell wollte sie es dem überraschend erfolgreichen Debüt folgen lassen. Die neuen Lieder waren zu einem großen Teil schon während der Tournee 2004 entstanden, manche schon vor Publikum präsentiert und unter spontanem Beifall ausprobiert. Es waren große Hallen und breite Bühnen, die Annetts Stimme mühelos ausfüllte: auch das eine kleine Überraschung nach dem Senkrechtstart. Standing Ovations und Begeisterung für eine Künstlerin, die eben nicht ein bloßes "Song-Wunder" war, sondern eine Performerin mit Charisma. Das hatte nicht jeder erwartet, vielleicht nicht mal alle ihre Fans.
In nur vier Wochen war das neue Album in groben Zügen aufgenommen. Klare Peilung, sehr genaue Vorstellung von dem, was werden sollte, beflügelte die Arbeit: Annett Louisan und ihr Texter/Produzent Frank Ramond sind inzwischen ein eingespieltes Kreativ-Team. Dennoch legten sie angesichts der musikalischen Grenzerweiterungen ein verblüffendes Tempo vor.
Samba, Tango und Walzer, Cooles, Chanson, Musette: Schon die gewachsene Stilvielfalt der Kompositionen reflektiert, dass Annett Louisan mit "Unausgesprochen" neue Pfade gehen will. Sie integriert eigene musikalische Vorlieben wie Jazz, probiert ungewohnte Arrangements und rhythmische Strukturen aus. Intensiver noch als auf "Bohème" spielt, entdeckt, seziert und präzisiert sie die Situationen und Figuren der Chanson-Geschichten. Manchmal ("Widder wider Willen") erinnert ihre lässige Prägnanz an Charles Aznavour. Das kommt nicht von ungefähr, das klassische Chanson ist die zweite große Liebe von Annett Louisan.
"Chancenlos" ist eine dieser Studien über ein Mädchen voller Liebe, aber ohne Glück. Präzise gezeichnet, ein wenig bitter, doch mit Sympathie, eine makellose Miniatur aus dem banal-bösen Teen-Leben, aber nicht ohne Hoffnung. Denn "Das Leben spielt auf Zeit, bis es gewinnt / grad wenn du brüllst und schreist, stellt es sich blind". Oder die prototypische, bestgehasste, überdrehte Freundin "Eve": Angetan und ausgefüllt mit einer ganzen Kollektion von Eigenschaften, aber nur wenig mehr dahinter. Hier geht's schon etwas sarkastischer zur Sache, der milde Blick verfinstert sich zur ätzenden Satire, distanziert und scharf geschossen. Ambivalente Gefühle: "Sie ist ... geschickt und effektiv / ich hasse sie abgrundtief", das Leben ist nicht einfach, dafür oft widersprüchlich und paradox.
Wie bei der giftigen Song-Begegnung mit einem penetranten "Torsten Schmidt" im Hinterkopf: Ein absurder, klitzekleiner Horrorfilm, der im zentralen Gedanken-Kino läuft. Verpackt in einen entspannten Train-Beat Rhythmus, garniert mit Akkordeon und Dobro, wird der zwischenmenschliche Schrecken locker ironisiert. "Es ist ein Spiel mit den eigenen Schwächen", sagt Annett Louisan über ihre neuen Lieder, "auch mit den unangenehmen Dingen. Gerade wenn etwas schief geht, ist es meist besser, es direkt auszusprechen und sich ein wenig darüber lustig zu machen."
Ganz anders dagegen "Wo ist das Problem?": Klarinette, Kontrabass, Piano, Tango-Noblesse mit minimalen Gesten, verrauchtes Tanz-Café. Und man wird Zeuge einer intimen Beziehungs-Tristesse, in der eine Frau so intensiv die Untreue ihres Partners imaginiert, bis sie schließlich wahr wird. Eine Momentaufnahme, eine typische Lebenssituation in kurzen Zeilen. "Unausgesprochen": Wie ein roter Faden zieht sich dieses Thema der verdrehten und widersprüchlichen Gedanken durch das Album - Gedanken, die keiner ausspricht, die aber dennoch das Handeln lenken. "Wo ist das Problem?" ist eines der Lieder (diesmal sind es mehr als auf "Bohème"), bei denen Annett Louisan als Co-Texterin mitwirkte. "Es ist die perfekte Mischung aus Franks und meinen Worten, die wirkt. Er ist rationaler, ich bin viel emotionaler, das ergänzt sich", erklärt sie. Ganz besonders effizient in einem Stück wie der "Lösung", das die vielleicht markanteste Schnittstelle der Veränderung vom ersten zum zweiten Album geworden ist.
"Dabei habe ich die Erfahrung gemacht", erzählt Annett Louisan, "dass unsere Fantasien viel schöner und nachhaltiger wirken, je mehr ich mich als Person zurücknehme. Ich lasse den Menschen ihre eigenen Dinge, die sie in ihrem Kopf haben. Dadurch behalten die Lieder ihr Geheimnis." Die Ironie, mit der Annett Louisan so gern jongliert, verlangt diese Distanz. Ein eleganter Drahtseilakt mit entsprechendem Mut zum Risiko, denn wo die Gesten sparsam werden, zählt jede Bewegung doppelt. "Ich mag es total, mit schweren Wörtern leicht umzugehen", sagt Annett Louisan. Schon wieder paradox? Nur auf den ersten Blick. Denn leicht sieht alles aus, das gelingt.

Tournee 2006:
01.02. Lüneburg Vamos
02.02. Hannover Theater am Aegi
03.02. Dortmund Westfalenhalle 2
04.02. Kassel Stadthalle
06.02. Göttingen Stadthalle
07.02. Osnabrück Stadthalle
08.02. Braunschweig Stadthalle
10.02. Dresden Alter Schlachthof
11.02. Chemnitz Stadthalle
12.02. Erfurt Alte Oper
13.02. Mannheim Mozartsaal
14.02. Nürnberg Meistersingerhalle
16.02. Stuttgart Hegelsaal
17.02. Frankfurt/M. Alte Oper

06.03. Düsseldorf Tonhalle
07.03. Kiel Schloss
08.03. Berlin Schillertheater
09.03. Berlin Schillertheater
14.03. Hamburg Laeizhalle
16.03. Bremen Glocke
17.03. Bamberg Konzerthalle/ Joseph-Keilberth-Saal
18.03. Saarbrücken E-Werk
31.03. Wien Halle F

01.04. Graz Orpheum
02.04. Salzburg Republic
04.04. Bern Bierhübeli
05.04. Zürich Kaufleuten
17.04. Köln Philharmonie